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Der Blick des Architekten

Das Paradies in Form bringen, Vol. 2

Von Tony Ristola, Fotos: Tony Ristola

Auf unserem zweiten Ausflug nach Island erklärt unser Kolumnist, wie viele Entscheidungen nötig sind, um ein Par 4 zu designen, das kein Golfer so schnell wieder vergessen wird.

Bild oben: BRAUTARHOLT GOLF CLUB, Loch 4, Par 4, 425 Meter
Abgeschlagen wird von einem Plateau etwa sieben Meter über dem Fairway. Nur vom Abschlag aus sieht man das Grün am Ende eines Plateaus. Von der Drive-Landezone ist zwar die Fahne sichtbar, aber nicht die Oberfläche des Grüns. Eine Böschung am 15 Meter hohen Hügel links des Grüns hilft dabei, die Position des großen zweistufigen Grüns ausmachen zu können.


In Brautarholt an Islands Atlantikküste arbeiteten wir mit einem einfachen Konzept, bei dem die sogenannte Centerline jeder Spielbahn, also die direkte Linie von der Teebox über die Mitte des Fairways bis zur Mitte des Grüns, die einzige Konstante der ursprünglichen Planung sein sollte. Diese enorme Flexibilität bei der Anpassung und der Verfeinerung des Entwurfs vor Ort während des Baufortschritts war schneller und kostengünstiger, als nach einem festgelegten Plan Golflöcher in die Landschaft zu pressen. Um diese Arbeitsweise zu verdeutlichen, möchte ich hier nun die zehn wichtigsten Entscheidungen beim Bau von Brautarholts vierter Spielbahn, dem längsten Par 4 des Platzes, aufzeigen.

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DER GESAMTE GRÜNKOMPLEX IST IM GRUNDE DAS, WAS DIE NATUR ZUR VERFÜGUNG GESTELLT HAT, UND EINE MINIATURVERSION DES LOCHS SELBST.
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  1. Die Länge des Lochs, 425 Meter vom hinteren Abschlag, hätte vor einem Jahrhundert für ein interessantes und herausforderndes Par 5 gesorgt, und da dieser Landstrich seinen ganz eigenen Charakter aufweist, ist er ideal für dieses Konzept. Vor langer Zeit hätten sehr gute Spieler das Grün mit zwei hervorragenden Schlägen erreicht. Für die meisten hätte die Herausforderung allerdings darin bestanden, mit dem zweiten Schlag weit genug zu kommen, um einen Blick auf das zweistufige Grün werfen zu können. Der Ball müsste also in den schmalen Teil des Fairways hinein oder darüber hinaus gespielt werden. Heutzutage wird die gleiche Strategie auf einem langen Par 4 für eine Vielzahl von Golfern sogar von den Mitgliedsabschlägen aus gelten. Bei starkem Wind fühlt sich auf dieser Bahn vom hinteren Abschlag für Scratch-Golfer selbst eine 4 wie ein Birdie an.

  2. Zwei Gräben, jeder davon etwa zwei Meter tief, die senkrecht durch das Fairway schnitten, wurden mit Rohren unter die Erde gebracht. Das erste befindet sich unterhalb des Plateaus des Abschlagbereichs am Anfang des Lochs, das andere etwa 290 Meter vom Abschlag entfernt am Fuß des Abhangs, der zum oberen Plateau führt.

  3. Ein Felsvorsprung, der mit der Felsformation auf der rechten Seite des Fairways übereinstimmt, wurde in seiner Größe vervierfacht und große Felsbrocken wurden dort abgeladen, um die Spuren anderer Arbeiten zu tarnen. Dies war auch eine Maßnahme, um Arbeit zu sparen, denn so konnten wir Erde und organisches Material vom Fairway entfernen und dort verstecken.

  4. Ähnlich wie bei der künstlichen Erhebung weiter oben wurde eine weitere so gebaut, dass sie sich an die Felsformation links vom Fairway anpasst. Sowohl diese als auch die darüber liegenden Hügel werden mit hohem Rough bewachsen sein.

  5. Der niedrige Teil des Fairways wurde in leicht hügelige Konturen geformt und fügt sich nahtlos in die hügelige Wiese links des Lochs ein. Nichts hätte mehr auf Eingriffe von Menschenhand hingewiesen, als Konturen zu schaffen, die im Widerspruch zur umgebenden Landschaft stehen.

  6. Das gesamte obere Plateau bis hin zum Grün war überraschend weich und nass. Eigentlich paradox, da es sich um hoch gelegenes Gelände handelte. Der Grund dafür wurde sichtbar, als wir versuchten, einen Entwässerungsgraben für das Grün zu ziehen und dabei auf eine Felsformation stießen, die sich unter der Erde verbarg. Als die harte Arbeit erledigt war, begann das Wasser, wie ein Bach zu fließen. Über Jahrtausende hinweg blockierte dieser verborgene Grundgesteinskamm den Wasserfluss und sorgte dafür, dass sich das Wasser entlang des gesamten oberen Plateaus ansammelte und in das 100 Meter entfernte Plateau führte.

  7. Die fünf Bunker rechts vom Fairway erforderten viel Arbeit. Mehr als hundert größere Felsbrocken wurden ausgegraben und vom Fuß der 120 Meter langen Felsformation entfernt. Diese ästhetischen Bunker machen den Übergang zum Felskamm weicher, wirken als Puffer und verhindern, dass Bälle durch das Fairway in die Felswände oder das harte Rough rollen.

  8. Es hätte merkwürdig ausgesehen, nur auf der rechten Seite eine Reihe von Bunkern anzulegen, also wurde ein einzelner Bunker am Fuß der Hügellandschaft links des Fairways gebaut. Dieser hat jedoch nicht nur eine ästhetische, sondern auch eine strategische Aufgabe, macht er das Fairway doch an einer kritischen Stelle spürbar enger.

  9. Der gesamte Grünkomplex ist im Grunde das, was die Natur zur Verfügung gestellt hat, und eine Miniaturversion des Lochs selbst. Das Grün ist riesig und besteht eigentlich aus zwei kleineren zusammengefassten Grüns. Zum Grün führt ein Grat, der dabei hilft, dessen vordere Hälfte in eine Senke zu verwandeln. Die hintere Hälfte ist ein Plateau, das mindestens 1,20 Meter über dieser Vertiefung liegt. Unser einziger wirklicher Eingriff in die Formgebung des Grüns bestand darin, das hintere Plateau abzusenken und zu verbreitern.

  10. Hinter dem Grün haben wir eine tiefe Entwässerungsrinne angelegt, um das Wasser vom Hang aufzufangen und abzuleiten.


Nach ihrer Fertigstellung könnte man von dieser Spielbahn annehmen, dass wir nicht viel mehr getan hätten, als Teeboxen anzulegen, Bunker zu bauen und das Grün zu formen. Sollten Gäste, die hierher nach Island kommen, um Golf zu spielen, tatsächlich diesen Eindruck von Loch 4 in Brautarholt haben - traumhaft! Dann haben wir unsere Arbeit gut gemacht.

 
Der Autor

Der Autor

Tony Ristola, ein Amerikaner mit finnischen Wurzeln, kann nicht nur Golf spielen - er war als Teaching- sowie Playing-Pro aktiv -, sondern fand in der Golfplatzarchitektur seine wahre Bestimmung. Zusammen mit Arbeitern, von denen die meisten noch nie einen Golfplatz gesehen hatten, schuf er mit Sand Valley in Polen sein erstes, international gefeiertes 18-Loch-Layout. Als einziger Golfplatzarchitekt garantiert er, jeden einzelnen Tag der Planungs- und Bauphase einer neuen Anlage vor Ort zu sein. www.tonyristola.com

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