James Newton Demaret erblickte am 24. Mai 1910 in Houston, Texas, das Licht der Welt. "Newt", wie er in Familienkreisen genannt wurde, wuchs als eines von neun Kindern in bescheidenen und doch trauten Verhältnissen auf und zwei Merkmale dieses Umfelds prägten den späteren Golfstar ganz besonders. "Schillernd" und "kontaktfreudig" sind Attribute, die oft genutzt werden, um den Charakter von Jimmy Demaret zu beschreiben. Sein extrovertiertes Wesen war mit Sicherheit auf den Umgang mit acht Geschwistern zurückzuführen, seine Vorliebe für schrille Farben - die später zum Markenzeichen seines Outfits auf dem Golfplatz werden sollte - war das Ergebnis vieler Schulferien, in denen er bei seinem Vater, einem Maler und Raumgestalter, jobbte.
»WÜRDE ICH DIESES SPIEL SO ERNST NEHMEN, WIE DAS EINIGE MEINER KOLLEGEN TUN, DANN WÜRDE ICH WAHRSCHEINLICH VERRÜCKT WERDEN.«
Selbstbewusst, aber immer freundlich machte Demaret nicht nur durch sein Spiel, sondern von Beginn auch durch seine Garderobe auf sich aufmerksam. "Ich denke, es gibt auf der ganzen Welt keinen schöneren Ort als einen grünen Golfplatz, und da möchte ich nicht underdressed aufkreuzen. Ich mag Stahlblau, Flaschengrün, Kanariengelb und Zinnrot - so bleibt man im Gespräch", kommentierte er seinen mutigen Kleidungsstil vor seiner ersten Runde bei den Profimeisterschaften von Texas. Der folgende Sieg bei seinem Heimturnier katapultierte ihn umgehend ins Rampenlicht der Golfszene und er sollte mit fünf aufeinanderfolgenden Triumphen bei diesem Turnier zwischen 1934 und 1938 beweisen, dass er alles andere als eine Eintagsfliege war. 1939 schloss er sich dann im Alter von 29 Jahren der PGA Tour an, auf der er während seiner ersten vollen Saison sagenhafte sechs Turniere gewann. Eines davon war das Masters.
Es hätte 1940 keinen passenderen Gewinner in Augusta geben können. Demaret wurde geliebt für seine kumpelhafte Art, seine extravaganten Outfits und seine ständige Bereitschaft, in Gesellschaft ein Lied anzustimmen. Sein Elan war ein perfektes Spiegelbild des amerikanischen Geistes dieser Zeit, denn die Wirtschaftskrise war überwunden, die Infrastruktur repariert und die Zukunft sah rosig aus; der Krieg tobte schließlich weit entfernt auf der anderen Seite des Atlantiks. Demarets offensichtliche Lässigkeit, sein Hang zu Partys und seine relaxte Einstellung zum Trainingsfleiss dämpften die Popularität des "Houston Hurricane", wie Demaret mittlerweile genannt wurde, kein bisschen und er war auf einem guten Weg, sich zum besten Golfer der Welt zu entwickeln.
"Wahrscheinlich schlug keiner den Ball so gerade und weit vom Abschlag wie Jimmy. Er hatte Unterarme wie Popeye und teete den Ball sehr tief auf. Er traf ihn fast immer perfekt", erinnerte sich Jack Burke sen. an Demarets ersten Sieg beim Masters.
Als dann auch Amerika in den Zweiten Weltkrieg eintrat, kam der Profigolfzirkus beinahe vollständig zum Erliegen. Doch nachdem die Deutschen und Japaner geschlagen waren, verschwendete Jimmy Demaret keine Zeit und spielte 1947 das erfolgreichste Jahr seiner Profilaufbahn. Er gewann sein zweites Grünes Jackett, sicherte sich die Vardon Trophy für das meiste Preisgeld während der Saison und spielte einen sagenhaften Rundendurchschnitt von 69,9 Schlägen.
Seine Siege auf der Tour steigerten auch seine Popularität außerhalb des Golfplatzes spürbar. Niemand, der mit Demarets einnehmender Persönlichkeit und ansteckender guten Laune in Kontakt kam, blieb davon unberührt. Egal ob der extrovertierte Don Cherry oder der introvertierte Ben Hogan, Demarets Freundeskreis war bunter als sein Kleiderschrank, und obwohl er es als Einzelkämpfer bis an die Weltspitze gebracht hatte, war sein Temperament für Teamsituationen wie geschaffen.
Mit Ben Hogan trat er regelmäßig bei Teamwettbewerben an und das Duo infernale gewann zwischen 1941 und '48 insgesamt sechs Four-Ball-Turniere. Kein Wunder, dass die beiden Texaner kurze Zeit später das Rückgrat des amerikanischen Ryder-Cup-Teams darstellten. Im Länderwettkampf hatte Jimmy Demaret seine Berufung gefunden, denn während seiner drei Teilnahmen und insgesamt sechs Matches holte er die Maximalausbeute von sechs Punkten. Statistisch gesehen ist Demaret somit der erfolgreichste Spieler der Ryder-Cup-Geschichte.
"Dieser Typ spielt Schläge, von denen ich nicht einmal träumte. Ich habe sie mittlerweile vielleicht gelernt, doch es war Jimmy, der mir gezeigt hat, dass sie möglich sind", lobte Ben Hogan einst die Kreativität seines Spielpartners, bevor die beiden im Halbfinal-Match der PGA Championship 1946 gegeneinander antraten. Nachdem Hogan das Match für sich hatte entscheiden können, fragte ein Reporter Demaret, was wohl der Wendepunkt der Partie gewesen wäre. "Als Hogan am ersten Abschlag aufkreuzte", erwiderte dieser in gewohnt trockener Weise.
Auch wenn Hogan heute der bekanntere Name ist, war es doch Demaret, der als Vorreiter der goldenen Generation während der 40er- und 50er-Jahre das amerikanische Profigolf beherrschte. "Ich erinnere mich an keinen einzigen verdrießlichen Moment zusammen mit Jimmy. Er war ein geborenen Entertainer, der stets lustige Leute um sich herum versammelte", erzählte der preisgekrönte Autor Jim Breslin, der gemeinsam mit Demaret an dessen Buch über Golf in den 60ern schrieb. "Golf ist oft ernst wie ein Gottesdienst - ich dachte, so etwas könnte nie im Fernsehen funktionieren -, doch Demaret sprudelte förmlich vor Energie und machte den Sport damit für die Massen attraktiv."
Als erster Golfer überhaupt erkannte Demaret seinen Wert für potenzielle Sponsoren und unterzeichnete noch vor seinem dritten Masters-Sieg 1952 eine Menge gut dotierter Werbeverträge, deren Erlöse er unter anderem in verschiedene Golfplätze steckte, die er selbst entwarf.
Schon damals arbeitete er also an einer Karriere für die Zeit nach dem Rücktritt vom Profigolf, denn ein Publikumsliebling wie Demaret schien für ein zweites Leben in der Öffentlichkeit wie geschaffen. Als einer der ersten Ex-Profis wechselte der "Hurricane" zum Fernsehen und brachte es während der Jahre von "Shell's Wonderful World of Golf" zu noch grösserer Bekanntheit. Das TV-Publikum liebte Demarets offensichtliches Fachwissen, seine unerschrockenen Interviews und natürlich seinen einzigartigen Modegeschmack.
Sein wichtigster Beitrag zur Golfgeschichte war jedoch ein kleines Turnier, das Demaret für seine alten Kollegen 1979 vier Jahre vor seinem Tod organisierte. Aus diesem Turnier, das er selbst Legends of Golf nannte, entwickelte sich im Laufe der Jahre die Seniors Tour und schließlich die Champions Tour.
Genauso unbestritten wie sein Beitrag zu den legendären Golf-TV-Übertragungen der 60er und 70er ist die Tatsache, dass Demaret der beste Golfer seiner Generation hätte sein können, hätte er es für nötig erachtet, den grössten Teil seiner Energie seinem Beruf zu widmen. "Demaret war ein echter Party-Tiger, der nie besonders viel trainierte", gab Sam Snead Jahre nach seinem Rückzug vom Profigolf zu Protokoll und das traf den Nagel sicherlich auf den Punkt. Bedenkt man allerdings die begrenzte Hingabe, mit der sich Demaret um die unattraktiven Seiten des Profijobs kümmerte, und vergleicht man diese mit dem Preis, den Spieler wie Sergio Garcia oder Colin Montgomerie zweifellos zu zahlen bereit wären, bekämen sie nur einen von Jimmy Demarets drei Major-Siegen ab, wird deutlich, mit welch immensem Talent der "Houston Hurricane" tatsächlich gesegnet war.
Am Morgen nach den Vorkommnissen im "St. Anthony Hotel" in San Antonio trafen sich Jimmy Demaret und Don Cherry auf dem Putting-Grün wieder und der Scherzkeks der vergangenen Nacht hatte die Größe, seinem Opfer ein Bündel Dollarscheine in die Hand zu drücken, das mehr als ausreichte, um die Rechnung des letzten Abends vergessen zu machen. Bei den zahlreichen Zuschauern rund ums Grün sah Demaret allerdings eine Gelegenheit, seinen Kumpel ein weiteres Mal hochzunehmen, die er sich nicht entgehen lassen konnte. "Ladies and Gentlemen, sein Golfspiel bereitet Don Cherry bereits seit Jahren große Probleme, und wenn wir letzte Nacht als Maßstab nehmen, kann es auch mit seiner Musikerkarriere nicht mehr lange gut gehen. Aus diesem Grunde haben meine Kollegen und ich den Hut rumgehen lassen, damit der Gute die nächsten Wochen über die Runden kommt."
Angesichts der Tatsache, dass Jimmy Demaret einer der grössten Golfer aller Zeiten war - seine Aufnahme in die World Golf Hall of Fame nach seinem Tod 1983 ist der beste Beweise dafür -, mag es etwas unangebracht erscheinen, diese Geschichte mit einer Episode der Albernheit abseits der Golfplatzes einzuleiten und zu beenden. Sie ist jedoch bezeichnend für das Wesen des Texaners. Das Leben zu genießen stand für ihn immer an erster Stelle, Golf zu spielen folgte auf dem zweiten Rang. "Würde ich dieses Spiel so ernst nehmen, wie das einige meiner Kollegen tun, dann würde ich wahrscheinlich verrückt werden", sagte er einst. "Wenn ich vom Golfplatz komme, dann möchte ich so schnell wie möglich vergessen, dass diese Runde jemals stattgefunden hat, und meinen Spaß haben."