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Paul Lawrie

Der zweite Mann

Von Rudi Schaarschmidt, Fotos: Getty Images

Immer wenn Paul Lawrie für Europa im Ryder Cup spielte, war der Sonntag ein Jahrhundertereignis. Die Schläger lässt er dieses Jahr zwar zu Hause, aber dennoch ist er als Vize-Captain dabei. Das lässt darauf hoffen, dass auch der Ryder Cup 2016 ein Schleudergang für das Nervenkostüm wird.

GP: Vize-Captain beim Ryder Cup klingt nach einem feinen Job. Schließlich stehst du nicht in der direkten Schusslinie, falls etwas schiefläuft. Oder fühlst du trotzdem schon den Druck des Cups?
PL: Nein, ich freue mich riesig darauf. Es wird etwas anders als sonst, ich habe das ja noch nie gemacht. Ich war beim Ryder Cup zweimal als Spieler dabei, aber noch nie als Vize-Captain. Ich wusste anfangs gar nicht genau, was in dieser neuen Rolle auf mich zukommt. Ich habe daher erst mal Thomas Bjørn gefragt, was wir zu tun haben. Wir haben ja viele Wochen mit den Spielern, die im Team stehen oder in Frage kommen, auf der Tour zusammengespielt und Darren Bericht erstattet über das, was wir gesehen und erlebt haben. Wir haben uns praktisch immer ausgetauscht. Wenn du eines Tages Captain sein willst, musst du vorher mal Vize-Captain gewesen sein. Also ist diese Rolle jetzt erst mal perfekt für mich.

GP: Und die Picks wurden im Kollektiv entschieden?
PL: Ja. Darren wollte von Beginn an unsere Meinung wissen. Wir sind mehr involviert, als ich das vorher angenommen hatte. Als ich 2012 auf dem Weg ins Team war, wurde ich auch von den Vize-Captains in den Wochen und Monaten zuvor häufig beobachtet. Natürlich fällt Darren die finale Entscheidung. Martin und Lee lagen für uns alle auf der Hand. Der dritte Pick war deutlich schwieriger und ich bin froh, dass ich es nicht war, der Russell Knox anrufen musste, um ihm mitzuteilen, dass er nicht im Team ist. Als Captain hat man auch weniger erfreuliche Arbeiten zu erledigen.

GP: Du hast es gesagt, du warst 1999 und 2012 als Spieler dabei. Was geht dir beim Stichwort Ryder Cup als Erstes durch den Kopf?
PL: Es ist ein unglaubliches Event. Es zählt, glaube ich, zu den drei grössten Sportveranstaltungen weltweit. Und dort dabei zu sein für ein Team - wir spielen ja meistens für uns allein -, das ist außergewöhnlich. Du bist mit allen Teammitgliedern verbunden und musst mit ihnen gemeinsam am Erfolg arbeiten, egal ob du sie magst oder nicht. Ich habe schon öfter in Teams gespielt, in denen Spieler waren, die ich gar nicht gut kannte, aber in dieser Woche sind wir alle beste Freunde, selbst wenn man einen nicht leiden kann. Das ist der Ryder Cup, da geht es darum, Schulter an Schulter als Team ein gemeinsames Ziel zu erreichen, die zwölf Spieler, die Vize-Captains, der Captain, das Organisationsteam, alle zusammen.

GP: Würdest du sagen, dein Open-Titel hat mehr Gewicht als ein Ryder-Cup-Sieg?
PL: Ja, absolut. Vielleicht ist das anders, wenn man Captain ist, aber ein Major-Titel ist immer das Grösste, was du als Spieler erreichen kannst. Vielleicht sehen das einige anders, aber ich sehe es so.

Paul Lawrie: Paul Lawrie:

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DIE LEUTE SEHEN DARREN VIELLEICHT ALS ZIGARREN RAUCHENDEN, GUINNESS TRINKENDEN TYPEN, ABER ER IST SEHR PROFESSIONELL UND ARBEITET SEHR ERNSTHAFT UND HART.
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GP: Du hast gesagt, wenn man Ryder Cup Captain werden will, muss man vorher Vize-Captain gewesen sein...
PL: Ja, ich sehe das so. Ich kann mich im Moment nicht an einen Captain erinnern, der nicht ein- oder zweimal vorher als Vize-Captain agiert hat, inside the ropes dabei war, erlebt hat, was da alles passiert, und in alles involviert war. Wenn du direkt Captain wirst, ohne vorher Vize-Captain gewesen zu sein, ist das, glaube ich, ein ganz hartes Brot.

GP: Das heißt also, du willst eines Tages Captain sein?
PL: Wer will das nicht? Jeder will es. Im Moment ist Darren der Captain und ich konzentriere mich darauf, ihn zu unterstützen, so gut ich kann. Danach wird der Fokus darauf ausgerichtet sein, wer der nächste Captain sein wird. Und es gibt keinen Spieler, der das nicht gerne übernehmen würde. Es ist eine große Ehre.

GP: Die letzten Ryder Cups liefen für Team Europa grandios. Siehst du uns deshalb auch in diesem Jahr in der Favoritenrolle?
PL: Natürlich können wir gewinnen, aber die Mannschaften werden sehr ausgeglichen sein. Und der Ryder Cup findet dieses Jahr auf amerikanischem Boden statt, insofern sehe ich eher die Amerikaner als leichten Favoriten. Wir haben zwar in den letzten Jahren bewiesen, egal ob wir zu Hause oder auswärts antreten, dass wir einige phänomenale Golfer in unserem Team und einen großen Zusammenhalt haben, und haben daher zuletzt häufiger gewonnen. Aber es wird natürlich schwierig. Es ist immer schwierig auswärts, wenn der Gastgeber das Publikum zu 90 Prozent im Rücken hat. Daher würde ich sagen, dass der Gastgeber eigentlich immer der Favorit ist.

GP: Kannst du die wachsende Frustration der Amerikaner fühlen?
PL: Ja klar. 2010 war es sehr eng, das Pendel hätte in beide Richtungen ausschlagen können, aber wir haben gewonnen. Sie hatten 2012 eine komfortable Führung, aber wir haben ihnen den Pokal in den Einzeln noch weggeschnappt. Und dann Gleneagles in der Heimat des Golfsports, als wir vom Publikum zum Sieg getrieben wurden. Also, wenn ich Amerikaner wäre, wäre ich ziemlich frustriert darüber, dass wir das Ding so lange nicht mehr gewinnen konnten. Das ist gut so. Für uns.

GP: Woran merkst du, dass eure Gegner frustriert sind?
PL: Man kann es sehen. Jeder weiß, wie viel es ihnen bedeutet. Und sie sind es nicht gewohnt, in Serie zu verlieren. Sie haben lange Jahre immer gewonnen und nun klappt das plötzlich nicht mehr. Für eine stolze Sportnation wie Amerika ist der Ryder Cup seit einiger Zeit eine sehr traurige Angelegenheit. Es wird dieses Jahr mit Sicherheit extrem schwer, aber ich glaube fest daran, dass wir die Spieler und den Captain haben, um den Cup erneut zu gewinnen.

GP: Wie würdest du Darren Clarke beschreiben?
PL: Er hat großen Respekt vor allen Spielern, was ich für das Wichtigste halte. Als Captain musst du Spieler im Team haben, die dich als Captain und als Person akzeptieren, und es muss eine Verbindung entstehen. Er ist ein toller Kerl, hat viel Humor und versteht es, mit jedem umzugehen, und das ist ein wichtiger Aspekt. Als Captain darfst du kein Einzelgänger sein. Du musst zu jedem freundlich sein und bei jedem Spieler genau wissen, wie du mit ihm umzugehen hast. Darren kann das ohne Zweifel. Ich kenne ihn schon lange. Wir sind fast zur gleichen Zeit auf die Tour gekommen und wir hatten über die Jahre eine Menge Spaß zusammen. Und er war und ist ein Wahnsinns-Golfer. Die Leute sehen Darren vielleicht als Zigarren rauchenden, Guinness trinkenden Typen, aber er ist sehr professionell und arbeitet sehr ernsthaft und hart. Ich bin mir sicher, dass er ein super Captain sein wird.

 

STECKBRIEF

Alter: 47 Jahre
Geburtsort: Aberdeen
Profi seit: 1986
Erfolge (Auszug):
• 1996 Catalan Open
• 1999 Open Championship
• 2001 Dunhill Links Championship
• 2011 Open de Andalucia
• 2012 Qatar Masters
• 2012 Johnnie Walker Championship

GP: Er wirkt immer wie der lustige Kumpeltyp, aber er kann auch anders, oder?
PL: Ja natürlich, das können wir alle. Er ist Profi. Wie jeder von uns wird auch er sauer, wenn etwas nicht läuft wie gewünscht. Aber wie gesagt, er ist ein hart arbeitender Profi. Eine Seite, die die Öffentlichkeit vielleicht nicht so wahrnimmt, aber ich weiß das. Er hat so viel Energie und Arbeit reingesteckt, nicht nur um Captain zu werden, sondern um dieses Amt auch auszufüllen.

Das gesamte Interview lest ihr in der aktuellen GolfPuk-Ausgabe.

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