RYDER CUP 2023 - JESUS ERLÖST EUROPA

RYDER CUP 2023

JESUS ERLÖST EUROPA

01.10.2023 | Von Jan Langenbein, Foto(s): Getty Images

Mit chirurgischer Präzision dominierte das Team Europa die ersten beiden Tage, doch am Sonntag blies das Team USA zur großen Aufholjagd - bis Tommy Fleetwood auf Loch 16 zum Driver griff.

Das Endergebnis von 16.5:11.5, mit dem sich die Europäer und Amerikaner vor den Toren Roms trennten, spiegelt in keiner Weise wider, wie spannend der Sonntag im Marco Simone Golf & Country Club tatsächlich war - trotz des riesigen Vorsprungs von 10.5:5.5 vor den Singles. Nachdem am Vorabend die Emotionen hochgekocht waren und Rory McIlroy gleich zweimal zurückgehalten werden musste, um eine Auseinandersetzung mit Patrick Cantlays Caddie zu verhindern, kam das Team USA mit Schaum vor dem Mund aus der Kabine. Sichtlich genervt von Presseberichten, die behaupteten, dass ein tiefer Riss das Team USA in zwei Lager geteilt habe, spielten die Männer um Zach Johnson deutlich motivierter und stärker als in den ersten drei Sessions.

Scheffler: "Ich wollte unbedingt einen vollen Punkt holen"


Captain Luke Donald hatte sämtliche Leistungsträger früh auf den Platz geschickt, um die fehlenden vier Punkte schnell einzufahren und den Sack zuzumachen. Victor Hovland und Rory McIlroy gelang das auch mit eindrucksvollen Siegen gegen Collin Morikawa und Sam Burns. Das erste Match des Tages entwickelte sich jedoch zum absoluten Thriller zwischen Jon Rahm und Scottie Scheffler. "Ich wollte unbedingt einen vollen Punkt holen, denn wir brauchten ihn unbedingt", stellte Scheffler anschließend klar. "Schon wieder auf der 18 zu teilen, war extrem ärgerlich." Leistungsmäßig ging der halbe Punkt für beide Spieler absolut in Ordnung. Nach einem weiteren Punkt, den Tyrell Hatton gegen Brian Harman einspielte, fehlte nur noch ein halber Zähler zum europäischen Sieg.

Zach Johnson: "Team Europa hat diesen Sieg absolut verdient"


Doch nun kam die beeindruckend starke zweite Hälfte der US-amerikanischen Spielerreihe zum Tragen, und über mehr als zwei Stunden sah es so aus, als wäre ein 14:14 wie vergangene Woche beim Solheim Cup ein mögliches Ergebnis, denn Brooks Koepka, Justin Thomas und Xander Schauffele erspielten souveräne Punkte, und nirgendwo auf dem Scoreboard wollte sich ein sicherer blauer Punkt herauskristallisieren. Dieser wurde erst greifbar, als Tommy Fleetwood auf dem 16. Abschlag stand und vor über 20.000 euphorischen Zuschauern seinen Driver aus 280 Metern nicht nur aufs Grün, sondern sieben Meter neben die Fahne setzte. Dem hatte sein Gegner Rickie Fowler nichts entgegenzusetzen, und als das Match der beiden 2 auf - also dormie - auf die 17 ging, war der Ryder Cup entschieden. "Ich habe mich den ganzen Tag über sehr wohl auf dem Platz gefühlt und hätte nicht gedacht, dass wir ganz hinten in der Reihe ankommen würden. Als es dann wirklich eng wurde, war ich einfach nur erleichtert, als mein Abschlag auf dem Grün landete", sagte der Erlöser ganz Golf-Europas in der anschließenden Pressekonferenz. Zach Johnson fasste den Ryder Cup 2023 passend zusammen: "Team Europa hat diesen Sieg absolut verdient. Sie wollten ihn unbedingt, und sie haben ihn mit beeindruckender Stärke und Qualität erkämpft." Unter den Gesängen der Fans, die sich noch eine weitere Amtszeit von Captain Donald wünschten ("Two more years! Two more years!"), verabschiedeten sich die europäischen Ryder Cup Helden in die römische Nacht, wo sicherlich noch reichlich Champagner floss.

Den gesamten "Inside the ropes"-Bericht vom Ryder Cup 2023 wird es in der GolfPunk Ausgabe 6 zu lesen geben.