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Die angenehmsten Orte der Welt

The Machrie Hotel & Golf Links

Von Tim Southwell, Fotos: The Machrie

Am Ende von Schottland hat sich ein britisches Power-Couple eine mehr als hundert Jahre alte Links-Platz-Perle unter den Nagel gerissen und keinen Grashalm unangetastet gelassen. Gott sei Dank, denn das Ergebnis ist himmlisch.

Zwei Gefühle stellen sich unweigerlich bei jedem Reisenden ein, der einmal das Glück hat, im "The Machrie Hotel" ankommen zu dürfen. Während der Blick über den mehr als elf Kilometer langen weißen Sandstrand der Laggan Bay schweift, wird "Hier ist tatsächlich die Welt zu Ende" wohl das Erste sein gefolgt von einem beruhigenden "Es gibt wohl keinen Ort, an dem ich gerade lieber wäre als hier". Die erste dieser Empfindungen ist ebenso wahr wie paradox, denn keine 50 Kilometer Luftlinie entfernt liegen die legendären Links-Plätze von Portstewart, Castlerock und Royal Portrush. Keine hundert Kilometer mit dem Helikopter in die andere Richtung sind es bis nach Royal Troon. Man könnte also mit Fug und Recht behaupten, The Machrie liegt im Epizentrum einiger der besten Links-Plätze des Vereinigten Königreichs, wäre da nicht der eiskalte Nordatlantik, der Reisen zu diesen Traumwiesen entweder beschwerlich oder unsagbar teuer macht. Womit wir bei Gefühlsregung Nummer zwei wären, denn wer braucht schon von Golftouristen aus aller Welt überrannte Open-Austragungsorte, wenn kein Eisen 7 von der Hotelbar entfernt einer der besten Links-Plätze, von dem hierzulande noch so gut wie kein Golfer etwas gehört hat, auf Spieler wartet?

Es benötigt ein klein wenig Abenteuerlust, um dieses sagenhafte Golf-Resort zu erreichen, denn Islay (sprich: Ei-la), die südlichste Insel der Inneren Hebriden, liegt für europäische Verhältnisse etwas ab vom Schuss, um es vornehm auszudrücken. Ein kurzer Zubringerflug aus Glasgow oder eine etwa zweistündige Fährfahrt sind nötig, um die 3.000-Seelen-Insel zu erreichen.

Der Hauptgrund, Islay zu besuchen, ist ohne Zweifel ein hochprozentiger, denn mit Ardbeg, Ardnahoe, Bowmore, Bruichladdich, Bunnahabhain, Caol Ila, Kilchoman, Lagavulin und Laphroaig produzieren auf dem kleinen Eiland gleich neun verschiedene Destillerien Whisky, der aufgrund seines besonders rauchigen und torfigen Geschmacks weltweit Whisky-Trinker in Verzückung versetzt. Golfplätze gibt es hier nur einen einzigen. Aber was für einen! The Machrie Links wurde 1891 von William Campbell entworfen und liegt zwischen dem schier endlosen Laggan Beach und dem kleinen Flughafen aus dem Zweiten Weltkrieg am Südwestzipfel der Insel. Drei Jahre nachdem seine Arbeit hier vollbracht war, wanderte Campbell in die USA aus und wurde dort der erste Pro im Brookline Country Club. Kein Geringerer als Donald Steel überarbeitete in den 1970er-Jahren das ursprüngliche Layout, um den Platz an die neuen Realitäten des Golf-Equipments anzupassen.

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Wegen der außergewöhnlichen Lage von The Machrie, mittendrin und doch am Ende der Welt, und der Tatsache, dass es auf Islay keinen weiteren Golfplatz gibt, wird diese Links-Platz-Perle von amerikanischen und asiatischen Golfpilgern noch überwiegend ignoriert.
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2011 ging nicht nur dem Golfplatz, sondern auch dem dazugehörigen Hotel das Geld aus. Doch die Zukunft dieser über 120 Jahre alten Golfanlage stand nur kurz in den Sternen, denn das heruntergekommene Resort wurde von Gavyn Davies und seiner Frau Sue Nye gekauft. Geld spielte fortan nur noch eine Nebenrolle, schließlich war sie die rechte Hand des ehemaligen Premierministers Gordon Brown und auch Herr Davies musste sich als ehemaliger Chefökonom von Goldman Sachs und Chairman der BBC nicht über zu geringe Bonuszahlungen beklagen. Zwei Millionen Pfund bezahlten die beiden für die Anlage. Ein echtes Schnäppchen, doch nur die beiden selbst und Gott wissen, wie viele Millionen seither in The Machrie Links investiert wurden, denn mit dem ursprünglichen Design hat der Links-Platz heute nicht mehr allzu viel gemein.

Seit seiner Eröffnung 1891 hatte dieses knochige Design verglichen mit vielen anderen Links-Plätzen die viele Golfer frustrierende Eigenart, dass Campbells Routing nicht durch, sondern über die Dünen führt. "Es gab einfach zu viele blinde Spielbahnen, insgesamt 17 blinde Schläge. Einige Male musste man nicht nur vom Tee, sondern auch beim Schlag zum Grün über Richtungsmasten zielen", erinnert sich der englische Golf-Pro D.J. Russell an das alte Layout, der ab 2013 satte fünf Jahre Zeit bekam, um den Platz total zu überarbeiten. Und der Mann weiß, wovon er spricht, schließlich trat Russell zwischen 1973 und 1996 bei insgesamt 466 European-Tour-Turnieren an und stand seinem Freund Ian Woosnam beim Ryder Cup 2006 als Co-Captain zur Seite. "Jetzt ist es ein großartiges Links-Erlebnis mit tollen Dünen, dramatischen Höhenunterschieden und breiten Fairways, ein Spaß und eine Herausforderung für Golfer aller Spielstärken."

Lediglich sieben Grünpositionen wurden während der exzessiven Umbaumaßnahmen beibehalten und dabei die Spielrichtungen beinahe aller Bahnen verändert. Golfer, die diesen Platz vor 2010 bereits einmal besucht haben, werden ihn nicht wiedererkennen.

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"Zuerst dachten wir darüber nach, einen neuen Golfplatz um den alten herum zu bauen, um das Original zu erhalten", erklärt Dean Muir, Golfdirektor auf Islay. "Doch die Magie von The Machrie liegt in der Einsamkeit und Abgeschiedenheit. Ich denke, diesen Aspekt haben wir sogar noch ausgebaut. Es hat beinahe drei Jahre gebraucht, um alles fertigzustellen. Besonders die Aussichten auf das Meer und die Umgebung konnten wir signifikant verbessern, was die gesamte Anlage auf ein neues Level hebt."

Hardcore-Golfplatzpuristen mögen lamentieren, dass die zahlreichen blinden Schläge, die The Machrie Links einst ausmachten, nun Geschichte sind, doch welcher Golfer wird sich über solch eine Erleichterung tatsächlich beschweren? Wie wir ab Seite 24 von Tony Ristola erfahren haben, kann ein blinder Schlag zwar das Salz in der Suppe eines großartigen Platzes sein, zu viel Salz macht aber selbst die beste Essenz ungenießbar. Die neu geschaffenen Ausblicke auf den Nordatlantik sind ein klares Upgrade und der raue Charme eines ursprünglichen Links-Platzes ist nach wie vor an jeder Ecke der Anlage zu spüren. Wenn der Wind wie eine 747 kurz vor dem Start über die ungeschützten Teeboxen heult, dann herrscht nur Sekunden später bei der Wanderung durch eines der zahlreichen Dünentäler auf der Suche nach dem gespielten Ball wieder absolute Stille, die kurz darauf von den gigantischen Wellen, die wenige Meter entfernt an der Felsenküste zerschellen, durchbrochen wird.

Die Löcher 6 und 7 sind GolfPorn-Material vom Feinsten und trotzdem findet man sie doch nur sehr sporadisch in den Angeber-Posts des viel reisenden Privatiers aus dem eigenen Heimatclub, den man schon vor Monaten auf Instagram hätte blocken sollen. Wegen der außergewöhnlichen Lage von The Machrie, mittendrin und doch am Ende der Welt, und der Tatsache, dass es auf Islay keinen weiteren Golfplatz gibt, wird diese Links-Platz-Perle von amerikanischen und asiatischen Golfpilgern noch überwiegend ignoriert. Hier fand schließlich nie eine Open statt und deshalb verschlägt es hierher hauptsächlich die Sorte Golfer, die einen Weltklasse-Golfplatz von einer oberflächlichen Schönheit, die gebaut wurde, um auf Fotos hübsch auszusehen und Touristen das Geld aus der Tasche zu ziehen, unterscheiden können.

Wer auf Islay lange genug seinen Golfurlaub verbringt, um auf diesem je nach Wetterbedingungen jeden Tag anders anmutenden Golfplatz tatsächlich so etwas wie Langeweile zu verspüren, der kann die zehnminütige Fährfahrt auf die Nachbarinsel Jura auf sich nehmen, wo gerade erst die neue Multimillionärsspielwiese Ardfin Estate eröffnet hat. Hier hat der australische Hedgefonds-Manager Greg Coffey seinen ganz persönlichen und zugegeben auch absolut spektakulären Golftraum verwirklicht. Doch mehr als vier Gäste pro Tag dürfen diese Nobelanlage im Moment nicht betreten. Wer als würdig auserkoren wird, hier aufzuteen, bricht spätestens beim Begleichen des Greenfees in Tränen aus und wird sich an dieses Gefühl in The Machrie von vor ein paar Tagen erinnern: "Es gibt wohl keinen Ort, an dem ich gerade lieber wäre als dort."

 
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THE MACHRIE HOTEL

Hotelveteran Gordon Campbell Gray übernahm es, dem alten "Machrie" wieder neues Leben einzuhauchen. Für den Schotten, der in aller Welt, in London, Antigua, Beirut, Bahrain, Liberia, der Schweiz und Portugal, Luxusherbergen betreibt, war es die perfekte Gelegenheit, auch in seiner Heimat Gastgeber zu werden. Das alte Hotelgebäude wurde stilvoll in einen Neubau miteinbezogen, womit "The Machrie" nun über 47 Zimmer und Suiten verfügt. Einige davon bieten von einer Terrasse herrliche Blicke über den Golfplatz und auf den Atlantik. 2020 wurde diese Herberge zum "Scottish Hotel of the Year" und "Scottish Golf Hotel of the Year" gekürt und an der Bar des "18 Restaurant" können selbstverständlich sämtliche Destillate der neun Islay-Brennereien genossen werden. Und wer partout keinen Whisky mag: keine Sorge, denn auf Islay wird auch der hervorragende The Botanist Gin gebrannt. www.campbellgrayhotels.com

Golfplätze in der Region

THE MACHRIE GOLF LINKS

THE MACHRIE GOLF LINKS

18 Löcher, Par 71, 5.763 Meter

Adresse
Isle of Islay
PA42 7AN, Schottland
Tel. +44 1496.302310
www.themachrielinks.com

Greenfee
ca. 90 Euro (Hotelgäste), ca. 150 Euro (externe Gäste)

Kaum wiederzuerkennen: Aus ei nem schrulligen kleinen Dorf-Golfplatz, der mehr Bälle gefressen hat als Reiner Calmund Schweinelenden, ist ein ausgewachsener Links-Platz von internationalem Rang geworden. Wer hier ans erste Tee geht, sollte sich von den generösen Fairways nicht täuschen lassen, denn obwohl ein aus der Richtung geschlagener Ball nun nicht umgehend abgeschrieben werden muss, sind die subtilen Wellen auf den Spielbahnen und Grüns echte Bogey-Lieferanten. Die ursprüngliche Idee, einen Platz frei von allen Bunkern zu bauen, wurde schnell verworfen und nun warten mehr als 50 mannstiefe Topfbunker auf Futter.

Killerloch
Kein Bunker weit und breit, nur 130 Meter von den Backtees und ein Grün so groß wie ein Fußballfeld - klingt langweilig? Wer auf dem Abschlag von Loch 9 einmal kurz Luft holt und die Szenerie genießt, merkt schnell, dass es nicht mehr braucht für ein perfektes Golfloch.
www.themachrielinks.com

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