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Die angenehmsten Orte der Welt

Japan Kawana Hotel

Von Jan Langenbein

Mit einem der besten 100 Golfplätze des Planeten vor der Haustür und Sitzgelegenheiten, auf die sich bereits Marilyn Monroe, John Wayne und Boris Jelzin lümmelten, ist dieses Golf-Resort wie aus der Zeit gefallen - und gerade deshalb unwiderstehlich.

Wenn die Sonne längst im Pazifik versunken ist und bereits der dritte Gin Tonic über den Tresen der Bar im "Kawana Hotel" gereicht wird, kann bei Gästen aus Deutschland durchaus der Eindruck entstehen, Heinz Erhardt wäre von den Toten auferstanden, sobald ein übergewichtiger Westeuropäer den Raum betritt. Das mag absurd klingen, doch wahrscheinlich gibt es nirgendwo hierzulande noch die Möglichkeit, so stilecht zurück in die 1950er und in die Zeit des Wirtschaftswunders zu reisen wie im "Kawana Hotel" auf der Izu-Halbinsel am anderen Ende der Welt. Angefangen von den pastellfarbenen Sitzgelegenheiten in der Lobby über die Leibchen der wie auf Samtpfoten durch das altehrwürdige Gebäude huschenden Angestellten bis hin zum wohligen Geruch - einer speziellen Mischung aus Putzmittel, Thermalquelle und beinahe 100 Jahre altem Gemäuer -, dieses Haus ist nicht auf Retro gebürstet. Es ist die 50er-Jahre.

Eine Zeitkapsel in die Vergangenheit allein wäre nicht unbedingt ein Grund, während eines Japan-Aufenthalts einen Abstecher hierher an die Südküste des Kaiserreichs zu unternehmen. Die beiden Golfplätze zu Füßen des schneeweißen, auf Klippen hoch über der zerklüfteten Pazifikküste gelegenen Hotels machen das Paket jedoch zumindest für Golfer komplett. Der 1928 von Mitsuaki Otani erbaute Oshima Course und der 1936 von C.H. Alison designte Fuji Course sind nicht nur wegen ihres Alters, sondern vor allem aufgrund ihrer Qualität im golfverrückten Japan absolute Legenden und haben durch ihre exponierte Lage auch 90 Jahre, nachdem hier die ersten Golfbälle abgeschlagen wurden, absolut nicht von ihrem Reiz verloren.

Bereits die Anreise aus dem 120 Kilometer entfernten Tokio auf die Izu-Halbinsel ist ein bombastisches Erlebnis. Mit spektakulären Felsküsten und bildhübschen Stränden gesegnet ist die Ostküste der Halbinsel eines der beliebtesten Naherholungsgebiete für gestresste Großstädter und erinnert sowohl optisch als auch in der Preisgestaltung verblüffend an die Côte d'Azur. Kein Wunder, dass sich an solch einem ausgezeichneten Stück Land bereits vor mehr als 100 Jahren finanziell extrem potente Großindustrielle, erfolgreiche Unternehmer und Adlige nach Sommersitzen umsahen. Einer von ihnen war Baron Kishichiro Okura, der Sprössling einer japanischen Hoteldynastie, dessen Familie ihn zu Beginn des 20. Jahrhunderts ins weit entfernte Cambridge schickte, um ihn dort nicht nur studieren zu lassen, sondern ihn auch mit westlichen Gepflogenheiten vertraut zu machen. Das ließ sich Okura nicht zweimal sagen und entwickelte sich in England schnell zum veritablen Lebemann mit exklusiven Hobbys, wie seine Teilnahme 1907 am ersten Autorennen überhaupt - das in Brooklands, der Wiege des englischen Motorsports -, beweist. Er beendete das Rennen als Zweiter. Einen Abschluss der Universität in Cambridge hatte Okura zwar nicht in der Tasche, als er 1906 nach Japan zurückkehrte, dafür brachte er allerdings etwas weitaus Bedeutenderes mit aus Europa ins Land der aufgehenden Sonne: ein Automobil. Es war eines der ersten Kraftfahrzeuge, das in Japan betrieben wurde. Okura nutzte es regelmäßig zur Fahrt in den Fuji-Hakone-Izu- Nationalpark und beschloss, dort seine Sommerresidenz zu errichten. In den 20ern ließ er einen 18-Loch-Golfplatz anlegen, denn in Cambridge hatte er sich nicht nur mit dem Automobilvirus angesteckt, sondern auch zum veritablen Golfenthusiasten entwickelt. Als er 1936 das Anwesen zum Luxushotel umbauen ließ und gleichzeitig den Engländer C.H. Alison damit beauftragte, einen zweiten 18-Loch-Platz auf dem Grundstück zu bauen, war die Anlage, die ihren guten Ruf schon bald über die Grenzen Japans hinaus ausdehnen sollte, komplett.

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Patentrechtlich bedenklich: Quattro made in Japan

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VOLLKOMMEN OHNE HILFE VON SCHWEREM GERÄT UND PRAKTISCH IN HANDARBEIT TROTZTEN CHARLES ALISON UND SEINE MANNSCHAFT IN DEN 30ERN DIESEM STÜCKCHEN LAND EINEN GOLFPLATZ AB, INDEM SIE LEDIGLICH ZUM BAU DER TEEBOXEN UND DER GRÜNS ERDE BEWEGTEN.
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Im vom Krieg gebeutelten Japan der 50er-Jahre war das "Kawana Hotel" immer noch berühmt für sein englisches, luxuriöses Flair und die grandiosen Golfplätze, was auch dem internationalen Jetset nicht verborgen blieb, und so verbrachten Marilyn Monroe und Joe DiMaggio 1954 einen Teil ihrer Flitterwochen hier. Der Baseballstar machte dabei vom großartigen Golfangebot des Anwesens liebend gerne Gebrauch, die Hollywood-Diva interessierte sich allerdings nicht für den Sport und litt obendrein an einer Verletzung am Daumen die, so besagen zumindest Gerüchte, von einer handgreiflichen Auseinandersetzung mit ihrem frisch angetrauten Ehemann stammte. Viel länger als die Flitterwochen hielt die Ehe der beiden Superstars dann auch nicht.

Mit John Wayne mietete sich 1958 die nächste Hollywood- Celebrity im "Kawana Hotel" ein, während er für die Dreharbeiten zu "Der Barbar und die Geisha" in Japan weilte, und schwang einige Male die Golfschläger. Seinen bisher letzten großen Auftritt hatte das Hotel 1998, als der damalige Premierminister Japans seinen russischen Kollegen Boris Jelzin für ein Gipfeltreffen im "Kawana Hotel" empfing, doch genau so wie die Leber des Kreml-Chefs hatte auch das Hotel seine besten Jahre längst hinter sich und 2002 meldete das Besitzerkonsortium der Anlage Insolvenz an.

Der Hotelbetrieb ging unter neuer Führung allerdings weiter und heute entpuppen sich die nicht getätigten Investitionen der vergangenen 40 Jahre als glücklicher Zufall, sind sie doch der Grund dafür, dass das "Kawana Hotel" heute so etwas wie eine Zeitkapsel aus längst vergangener Zeit ist. Wer modernen Fünfsterne-Luxus und Designhotel liebt, wird von dem Haus enttäuscht; Reisende mit dem Gespür für das Besondere und einem Faible für geschichtsträchtige Orte werden indes ins Schwärmen geraten.

Die beiden Golfplätze durchlebten glücklicherweise eine weitaus weniger wechselvolle Geschichte als das Hotel. Sie gehörten während ihrer ersten Jahre zu den besten Anlagen des Landes und dasselbe gilt heute immer noch. Eine Runde auf dem Oshima Course ist auch für externe Gäste jederzeit möglich, um auf den ersten Abschlag des Fuji Course zu gelangen, muss man aber Hotelgast sein - oder viel Glück haben, dass Startzeiten verfügbar sind und das Personal am Check-in gute Laune hat.

Kommt man dann zum ersten Tee, macht der Golfplatz keinerlei Anstalten zu verschleiern, dass jeder Golfer an dieser Stelle am Beginn einer grandiosen Achterbahnfahrt steht. Gute 15 Meter Höhenunterschied liegen zwischen der ersten Teebox und dem ersten Fairway, das sich weit unterhalb des Starterhäuschens mit einem leichten Dogleg nach rechts in Richtung Pazifik durch dichten Wald erstreckt. Dieser Abschlag ist nichts für schwache Nerven, besonders weil mit großer Wahrscheinlichkeit bereits der nächste Flight gespannt bereitsteht und sehen möchte, wie sich die Vorderleute schlagen.

Die angenehmsten Orte der Welt:
Jeder Vierergruppe, die hier startet, wird eine äußerst erfahrene Caddie-Dame zur Seite gestellt, die mithilfe eines elektrisch betriebenen Vier-Taschen Trolleys sämtliches Golfgepäck ihrer Schäfchen über das teilweise alpin anmutende Gelände bugsiert. Dabei schaffen es die Caddies trotzdem, für jeden Spieler immer die richtige Entfernung und den richtigen Schläger parat zu halten, ohne dabei den Anschein zu erwecken, in Stress zu geraten. Ebenso wie das Servicepersonal im Hotel schaffen sie es, japanische Gastfreundschaft in reinster Form zu repräsentieren. Ihren größten Auftritt haben die Damen allerdings, wenn einem ihrer Spieler ein Birdie gelingt, denn dann wird nicht nur euphorisch geklatscht und gejubelt, sondern auch voller Stolz ein "Birdie Drink Ticket" überreicht, mit dem sich der glückliche Birdie-Spieler nach der Runde an der Bar einen Drink aufs Haus bestellen darf.

Eine Runde auf dem Fuji Course ist jedoch weit mehr als ein Nostalgie-Trip oder ein dahinplätscherndes Touristenvergnügen. Seit mehr als 50 Jahren ist dieser Platz nun schon vollkommen zu Recht ein ständiger Gast in der Liste der Top-100-Golfplätze der Welt und verlangt von den Back Tees selbst Profispielern jede Menge ab. Vollkommen ohne Hilfe von schwerem Gerät und praktisch in Handarbeit trotzten Charles Alison und seine Mannschaft in den 30ern diesem Stückchen Land einen Golfplatz ab, indem sie lediglich zum Bau der Teeboxen und der Grüns Erde bewegten. Sämtliche Fairways des Fuji Course liegen heute noch vor dem Golfer, wie Gott sie schuf, und sind an Genialität oft kaum zu überbieten. Nirgendwo wird dies deutlicher als auf Loch Nummer 7, wo Bodenwellen, die selbst die Dünen irischer Links-Plätze in den Schatten stellen, das Fairway in zwei grundverschiedene Bereiche unterteilen und somit bereits beim Abschlag eine klare Entscheidung verlangen. Landet der Abschlag auf einem der beiden Fairways, sind die Gefahren jedoch noch längst nicht überstanden, denn vor dem enorm erhöhten Grün, dessen Oberfläche von dort unten nicht auszumachen ist, lauern drei Bunker, die jeden zu kurz gelassenen Ball gnadenlos fressen wie Godzilla eine gut abgehangene Portion radioaktiven Sondermüll. Auf dem Grün angekommen entschädigt ein gigantischer Blick über den Pazifik für alle bis hierhin erlittenen Verletzungen am Golferego und eventuelle Doppel-Bogeys. Wem es gelingt, sich ausgerechnet hier ein "Birdie Drink Ticket" zu verdienen, dem wird der Cocktail an der Bar garantiert noch besser schmecken!

Nach der Runde zurück im Hotel sollte man aber nicht nur der Bar, sondern auch dem neu gestalteten Onsen unbedingt einen Besuch abstatten. Nirgendwo lässt sich nach Sonnenuntergang besser entspannen als in diesem von einer heißen Quelle gespeisten traditionellen Badehaus, an dessen Eingang wie an sämtlichen öffentlichen Bädern in Japan ein Schild auf die lokalen Gepflogenheiten hinweist. "Zutritt mit Tattoos nicht gestattet", steht dort sowohl in japanischen Schriftzeichen und für die internationalen Touristen auch in gebrochenem Englisch geschrieben. Herzlich willkommen in den 50ern!

 
WOHNEN

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KAWANA HOTEL
Hinter der blütenweißen Art-déco-Fassade des altehrwürdigen Hotels sind nicht nur 100 neu gestaltete Zimmer und Suiten und die 2014 eröffnete heiße Quelle untergebracht, sondern auch zwei Restaurants, eine Bar und im Turm über den Dächern eine Aussichtsplattform, die einen phänomenalen Ausblick über den Pazifik und die Izu- Halbinsel bietet. Highlight dieses Hotelklassikers ist das "Inakaya": ein traditionelles japanisches Restaurant in einem mehr als 300 Jahre alten Holzhaus inmitten des Hotelparks, das insgesamt 32 Gästen Platz bietet und - ebenso wie der Fuji Course - bei keinem Besuch dieser Anlage ausgelassen werden sollte.
www.princehotels.com/kawana

Golfplätze in der Region

FUJI COURSE

FUJI COURSE

18 Löcher, Par 72, 6.127 Meter

Adresse:
1459, Kawana, Ito-shi
414-0044 Shizuoka, Japan
Tel. +81 (0)557.45.1111
www.princehotels.com/kawana

Greenfee:
ca. 190 Euro (Mo.- Fr.),
ca. 250 Euro (Sa.- So.)

Angelegt auf einem von Pinien bewachsenen Plateau hoch über dem Pazifik sind die 18 malerischen Spielbahnen des Fuji Course selbst für verwöhnte Vielreisende ein echtes und exotisches Highlight. Ohne die Hilfe von schwerem Gerät gebaut nutzt dieser Platz die spektakuläre Topografie perfekt und bietet mit jeder Spielbahn eine neue, unerwartete Herausforderung. Gelegentliche Ausblicke auf den schneebedeckten Gipfel des Fuji machen das Japan-Erlebnis perfekt.

Killerloch:
Wie die 18 in Pebble Beach oder die 12 in Kingsbarns ist auch die 15 des Fuji Course eines dieser Par-5-Löcher, denen Worte einfach nicht gerecht werden können. Versucht man es trotzdem mit einer Beschreibung, kommt meistens etwas wie "Wow!" dabei heraus.
www.princehotels.com/kawana

OSHIMA COURSE

OSHIMA COURSE

18 Löcher, Par 72, 5.222 Meter

Adresse:
1459, Kawana, Ito-shi
414-0044 Shizuoka, Japan
Tel. +81 (0)557.45.1111
www.princehotels.com/kawana

Greenfee:
ca. 90 Euro (Mo.- Fr.),
ca. 120 Euro (Sa.- So.)

Mit seinen knapp über 5.000 Metern Länge ist dieser Platz alles andere als ein ausgewachsener Championship Course. Das extrem hügelige Gelände, der dichte Baumbestand links und rechts vieler Fairways und zahlreiche blinde Schläge machen es trotzdem ziemlich knifflig, hier einen guten Score zusammenzuhalten. Dieser Platz steht ohne Zweifel im Schatten seines berühmten Bruders, bietet aber trotzdem äußerst solide Resort-Golf-Unterhaltung der alten Schule auf hervorragenden Grüns.

Killerloch:
Mit seinen 135 Metern Länge und einem riesigen Grün ist dieses Par 3 mit Sicherheit kein Härtetest, denn auch die tiefe Schlucht, die zwischen Tee und Grün liegt, ist mehr optisches als tatsächliches Hindernis. Der wahre Killer ist der Eins-a-Ausblick.

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