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USA

Mitten im Westen

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Rüdiger Meyer, Mike Meyer

Von Chicago aus machen wir uns auf den Weg, die besten Golfplätze des Mittleren Westens der Vereinigten Staaten zu erkunden. Zwischen saftigen Burgern, dünnem Bier und einer Handvoll Birdies ist das Geschrei von abseits der Plätze jedoch nicht zu überhören.

Die Ziege muss draußen bleiben!" Mit diesen Worten läutete P.K. Wrigley, der Eigentümer der Chicago Cubs, während der World Series 1945 den Untergang seines Baseball-Teams ein. Als er dem Barbesitzer William Sanis verbot, seine Ziege mit ins Stadion zu bringen, soll dieser wütend orakelt haben: "Die Cubs werden nie wieder gewinnen!"Der sogenannte "Billy Goat"-Fluch ist allgegenwärtig, als wir beim letzten Heimspiel der Cubs im legendären Wrigley-Field-Stadion Platz nehmen. Seit 108 Jahren sind die Cubs nun schon ohne World-Series-Titel und nahezu jeder hier im Stadion musste erdulden, wie 2005 ausgerechnet der langweilige Stadtrivale, die White Sox, eine Siegesparade in der Windy City abhielt. Aus diesem Grund traut sich auch niemand, euphorisch zu werden, obwohl die Cubs eine Saison für die Geschichtsbücher haben.

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WENN ER EINES IN SEINEN ZEHN JAHREN IN WHISTLING STRAITS GELERNT HAT, DANN DAS: WER FRUSTRIERT IST, GIBT WENIGER TRINKGELD.
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Als der kurz vor der Sportrente stehende Catcher David Ross im fünften Inning den entscheidenden Homerun schlägt und kurz darauf unter Standing Ovations ausgewechselt wird, haben die Cubs ihr 99. Spiel der Saison gewonnen - so viele wie seit 80 Jahren nicht mehr. Und dennoch ist die verdammte Ziege allgegenwärtig. In der Reihe vor uns sitzt ein Fan mit einem "F**k the Goat!!!"- Shirt, während sein Kumpel "Reverse the Curse" auf der Brust trägt. Ob ihre Hoffnungen erfüllt werden, erfahren wir allerdings erst Ende Oktober. So lange können wir jedoch nicht warten, denn am nächsten Morgen erwartet uns eine Tee Time im besten Golfclub Chicagos, den man betreten darf, ohne Cubs-Spieler oder Millionär zu sein.

COUNTRY CLUB DER ARBEITERKLASSE


Der Cog Hill Golf & Country Club wurde 1927 von den Coghill-Brüdern gegründet, aber seine Bestimmung fand er erst durch Joe Jemsek. Der Sohn ukrainischer Einwanderer kam als Caddie zum Golfsport, wurde Professional, heiratete die Tochter eines Golfplatzbesitzers und kaufte 1951 Cog Hill für 400.000 Dollar. Jemseks Ziel: einen Club zu schaffen, der elitären Chicagoer Privatclubs wie Medinah oder dem Chicago Golf Club in nichts nachsteht, aber für alle Menschen zugänglich ist. Unter seiner Ägide entstanden zwei weitere Plätze in Cog Hill, darunter der zu den besten öffentlichen Plätzen der USA gehörende No. 4 Dubsdread. Jemseks Vision war es, auf dieser anspruchsvollen Wiese prestigeträchtige Turniere auszutragen. Als sich dann der benachbarte Butler National Golf Club 1990 weigerte, Frauen aufzunehmen, wurde aus dem Wunsch Realität: Die Western Open zogen nach Cog Hill um. Und tatsächlich kommt auch bei uns PGA-Tour-Feeling auf, als wir am letzten Loch Bälle im Wasser neben dem 18. Grün versenken. Dieser Platz ist definitiv nichts für Angsthasen.

USA:
Auch 250 Kilometer weiter nördlich in Wisconsin ließ ein Mann sein persönliches Golf-Mekka bauen. Allerdings kommt Herbert V. Kohler jr. keineswegs aus bescheidenen Verhältnissen. Schließlich ist nach der Kohler-Familie sogar ein eigener Ort benannt, in dem seine Halbtante mit dem Wälderhaus einen großspurigen Nachbau des österreichischen Ahnenhauses errichten ließ. Das Städtchen Kohler entstand ursprünglich als Modellsiedlung für die Angestellten des 1873 gegründeten Imperiums für Badezimmer- und Küchenarmaturen. Heute ist das American Club Resort Wisconsins erste Anlaufstelle für luxusverwöhnte Golfer.

Obwohl Herbert V. Kohler mit Golf eigentlich nichts am Hut hatte, wurde er aus kommerziellen Gründen zu einem der grössten Mäzene des Sports. Sein aus vier Pete-Dye-Plätzen bestehender American Club ist eines der feudalsten Golf-Resorts der USA mit Whistling Straits als Kronjuwel. Hier am Lake Michigan, wo Martin Kaymer 2010 sein erstes Major holte und 2020 den Ryder Cup gewinnen will, sind die Fahnen aufgrund des Todes von Arnold Palmer auf Halbmast gezogen. Vor allem aber flattern sie wie verrückt im Wind. "So stark wie heute bläst es hier selten", macht uns unser Caddie nicht gerade Mut. Für Dusty, dessen Beschäftigungsverhältnis offensichtlich keine Zahnversicherung umfasst, ist Whistling Straits wie für alle Taschenträger nur ein Zweitjob. Eigentlich arbeiten sie in edlen Privatclubs in Florida, die während der Sommermonate geschlossen sind.

USA:
In Whistling Straits kommt man ohne Dusty und seine Kollegen im weißen Overall gar nicht erst auf den Platz. Denn hier gehört Laufen neben 395 Dollar Greenfee zu den Grundvoraussetzungen für eine Runde. "Wenn ihr hier mal jemanden mit einem Cart seht, dann ist das Mr. Kohler", erklärt Dusty. "Aber er ist in den letzten Jahren etwas aus dem Leim gegangen und schafft maximal noch neun Löcher im Jahr." Als wir aufgrund des Sturms die schwarzen, grünen und blauen Tees links liegen lassen und uns für die 5.815 Meter kurzen weißen Tees entscheiden, ringt sich Dusty ein Lächeln ab. "Gute Wahl", kommentiert er. Zu oft schon hat unser Caddie gesehen, wie Spieler aufgrund ihres Egos von zu weit hinten abschlagen und eine miserable Zeit haben. Und wenn er eines in Meterseinen zehn Jahren in Whistling Straits gelernt hat, dann das: Wer frustriert ist, gibt weniger Trinkgeld.

Golfplätze in der Region

COG HILL GOLF - Course No. 4

COG HILL GOLF - Course No. 4

18 Löcher, Par 72, 6.907 Meter

Adresse
12294 Archer Ave.
Lemont, IL 60439
Tel. +1 866.264.44.55
www.coghillgolf.com

Greenfee
ca. 140 Euro

Gleich vier Plätze finden sich im Cog Hill Resort. Nummer 4 ist dabei das Vorzeigeobjekt: Zwischen 1991 und 2011 machte hier die PGA Tour Halt und kürte fünfmal Tiger Woods als ihren Besten, der mit einer 62 auch den Platzrekord hält. Sein Geheimnis für gute Scores: die Bunker aus dem Spiel nehmen. Denn die sind wahre Kraterlandschaften und Grund für den Namen des Platzes: Dubsdread. Schlechtere Golfer, umgangssprachlich Dubs genannt, sollten lieber einen der drei anderen Plätze spielen.

Killerloch
Als ehemaliger PGA-Tour-Platz definiert sich No. 4 in erster Linie über Länge. Und nirgends schlägt sie so zu wie auf der 560 Meter langen Bahn 9: Ohne einen perfekten Drive kann man sich das Par abschminken, denn am Abschlag bilden die Bäume ein sehr enges Spalier, das Fehlschläge gnadenlos bestraft. Und wer einen der vielen Grünbunker erwischt, braucht schon einen Zauberschlag, um sich zu retten.
www.coghillgolf.com

WHISTLING STRAITS - Straits Course

WHISTLING STRAITS - Straits Course

18 Löcher, Par 72, 7.123 Meter

Adresse
N8501 Lakeshore Road
Sheboygan, WI 53083
Tel. +1 800.618.55.35
www.americanclubresort.com

Greenfee
ca. 360 Euro (+95 Euro für Caddie)

1.000 Bunker sollen den Platz zieren. Auch wenn Pete Dye die meisten von ihnen nur aus optischen Gründen platziert hat, darin landen möchte man nicht. Kombiniert mit der Länge und der vom Lake Michigan wehenden steifen Brise verdient sich das Design seinen Ruf als einer der schwierigsten Plätze der USA. Da man von fast allen 18 Löchern Blick aufs Wasser hat, gehört er jedoch auch zu den schönsten. Der Straits Course ist quasi das Pebble Beach des Mitttleren Westens - auch was den Preis angeht.

Killerloch
Selbst ohne Dustin Johnsons Strafschläge ist die 18 brutal. Unser (Pflicht-)Caddie erzählte, er habe erst drei Birdies auf dem Par 4 erlebt. Mit 475 Metern sieht es von den Back Tees aus wie ein Par 5, aber selbst von den 384 Meter langen weißen Abschlägen greifen nur wenige mit dem zweiten Schlag an: Die Senke vor dem Grün, die Bubba Watson bei der PGA Championship 2010 zum Verhängnis wurde, ist purer Horror.
www.americanclubresort.com

BLACKWOLF RUN - River Course

BLACKWOLF RUN - River Course

18 Löcher, Par 72, 6.770 Meter

Adresse
1111 W. Riverside Drive
Kohler, WI 53044
Tel. +1 800.618.55.35
www.americanclubresort.com

Greenfee
ca. 260 Euro

An zwei Stellen des Platzes sind zwischen den Löchern große Distanzen zu überwinden, sodass der Wunsch zu laufen im Pro-Shop erst einmal panische Reaktionen auslöst. Obwohl die beiden Plätze von Blackwolf Run zum gleichen Resort wie Whistling Straits gehören, liegen sie 18 Kilometer entfernt im Inland und haben Parkland-Charakter. Der River Course gilt bei den Locals dabei als grösste Herausforderung. Zwar ist er kürzer als der Straits, aber die Fairways rollen nicht aus und Fehlschläge landen hier statt im Bunker im Fluss, der an 13 Löchern ins Spiel kommt.

Killerloch
Selten waren wir auf ein Par stolzer als auf der 568 Meter langen Bahn 11. Das Par 5 schlängelt sich am Sheboygan River lang, der hier einen 90-Grad-Knick nach rechts macht. Wer seinen Drive nicht 250 Meter bis zum Ende des Fairways hämmern kann, muss seinen zweiten Schlag über den Fluss auf ein schmales Fairway setzen. Und auch beim Schlag ins Grün kommt der Sheboygan wieder ins Spiel.
www.americanclubresort.com

BLACKWOLF RUN - River Course

SAND VALLEY - Golf Resort

18 Löcher, Par 72, 6.318 Meter

Adresse
1697 Leopold Way
Nekoosa, WI 54457
Tel. +1 888.651.55.39
www.sandvalleygolfresort.com

Greenfee
Mo.-Mi.: ca. 87 bis ca. 160 Euro
Do.- So.: ca. 114 bis ca. 196 Euro

Mike Keiser, der mit dem Bandon Dunes bereits an der Westküste ein Mekka für Golfer hat, plant in Wisconsin ein weiteres. Von der Zufahrt bis zum Clubhaus ist alles noch eine Baustelle, in deren Mitte eine Oase aus Grüns und Fairways liegt. Die ersten 18 Löcher von Bill Coore und Ben Crenshaw sind gerade erst fertig, spielen sich aber herausragend: Die Bunker sehen spektakulär aus und sind echte Hindernisse und das Spiel um und auf den Grüns ist eine Herausforderung.

Killerloch
Die Par 5 sind nicht nur die besten Löcher, sie sind auch die härtesten. Allen voran die 515 Meter lange 7: Der Drive muss halb blind einen Anstieg hoch gespielt werden, auf den zweiten Schlag wartet ein Fairway-Bunker und das Grün ist groß, onduliert und stark verteidigt.
www.sandvalleygolfresort.com

STONEWALL ORCHARD GOLF CLUB

STONEWALL ORCHARD GOLF CLUB

18 Löcher, Par 72, 6.514 Meter

Adresse
25675 W State Highway 60
Grayslake, IL 60030
Tel. +1 847.740.48.90
www.stonewallorchard.com

Greenfee
Mo.- Do: ca. 64 Euro
Fr.: ca. 68 Euro
Sa. & So.: ca. 72 Euro

Nur eine halbe Autostunde vom O'Hare-Flughafen ist das Design von Oitavos-Dunes-Architekt Arthur Hills ein perfekter Stopp nach der Ankunft oder vor der Abreise. Mit seinen vielen Schlägen über Sumpflandschaften weckt der Platz ein wenig Florida-Flair. Leider sind die Tees nicht unbedingt ideal gesetzt. Von den hinteren drei Tees sind oft riesige Carrys erforderlich, die vorderen Tees nehmen die Hindernisse jedoch komplett aus dem Spiel. Hier fehlt es einfach an einem Mittelweg.

Killerloch
Die schwersten Löcher sind nicht unbedingt die besten und das Abschlussloch von Stonewall Orchard ist der Beweis. Das 562 Meter lange Par 5 bietet einen blinden Drive, in dessen Landezone sich zwei Bunker verstecken. Von diesem Plateau geht es danach wieder bergab auf ein Halbinselgrün, um das Hills eine völlig künstliche Hügellandschaft errichtet hat.
www.stonewallorchard.com

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