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Ryder Cup 2025

Never Gonna Give You Up

Von Rüdiger Meyer, Fotos: Getty Images

Seit 2012 konnte kein Ryder-Cup-Team mehr auf gegnerischem Boden gewinnen. Können Luke Donald und Co. ausgerechnet in Bethpage Black für eine Sensation sorgen und die Trophäe verteidigen?

Bereits vor sechs Jahren - die Ryder Cups in Whistling Straits und Marco Simone waren noch nicht einmal gespielt - schickte Brooks Koepka für die 2025er-Ausgabe die erste Warnung an das europäische Team. Koepka hatte gerade die PGA Championship in Bethpage Black gewonnen und die Gnadenlosigkeit der New Yorker Sportfans hautnah zu spüren bekommen. Nachdem Koepka in der Schlussrunde mit vier Bogeys in Folge seine sicher geglaubte Führung verspielt hatte, hörte er aus der Menge Anfeuerungsrufe für einen Konkurrenten: "Dee Jay! Dee Jay!" Schlimmer noch: Seiner Freundin Jena wurden vom Publikum Obszönitäten hinterhergerufen. Auch der plötzlich in der Fangunst gestiegene Dustin Johnson blieb von äußerer Einflussnahme nicht verschont. Fans riefen mitten in seinem Rückschwung auf der 17. Bogey! Und dies waren, wohlgemerkt, zwei Amerikaner. Koepkas Worte "Viel Glück mit den Fans, Europa" waren daher weniger eine Kampfansage als vielmehr eine Tatsachenbeschreibung. Niemand weiß dies besser als Sergio García.

Als Bethpage Black 2002 mit der US Open das erste Major austragen durfte, trafen die Worte der Fans so zielgenau die schmerzenden Stellen des Spaniers wie ein Zahnarzt bei einer Wurzelbehandlung. Zur damaligen Zeit hatte sich García die Eigenart angewöhnt, bei der Schlagvorbereitung den Schläger immer wieder neu zu greifen, weshalb die Fans irgendwann begannen, die Griffversuche lautstark und auf Spanisch mitzuzählen. García war so entnervt, dass er in der zweiten Runde erst einigen besonders penetranten Fans den Stinkefinger zeigte und nach der Runde klagte, dass, wenn das Wetter bei Tiger Woods so schlecht gewesen wäre wie bei ihm, man die Runde abgebrochen hätte. Das Echo folgte auf dem Fuß. Am Samstag imitierten die Fans weinende Babys und riefen: "Es ziehen Wolken auf, geh lieber zurück ins Clubhaus!" oder "Tritt in keine Pfützen." Dass García am Ende dennoch Zweiter wurde, spricht für seine Resilienz - und die ist sicher ein Grund, warum der Spanier die Hoffnung auf einen Captain's Pick von Luke Donald noch nicht aufgegeben hat. "Es ist kein Geheimnis, dass wir geredet haben", verriet García nach seinem 34. Platz bei der Open Championship.

Ob ein Sieg beim LIV-Event in Hongkong und eher mäßige Ergebnisse in den letzten Wochen dafür ausreichen, muss jedoch bezweifelt werden. Allerdings ließ Luke Donald durchblicken, dass er aufgrund des Auswärtsspiels bei seinen Captain's Picks Anfang September Spieler mit Ryder-Cup-Erfahrung bevorzugen würde. Da trifft es sich gut, dass elf der zwölf Spieler von seinem Sieger-Team aus Rom gute Voraussetzungen gelegt haben, auch mit nach New York zu reisen. Nur Nicolai Højgaard sollte chancenlos sein, könnte ironischerweise jedoch ausgerechnet von seinem Zwillingsbruder Rasmus ersetzt werden.

Ryder Cup 2025:

EUROPA

MÖGLICHE SPIELER

100%
RORY MCILROY (NIR), TOMMY FLEETWOOD (ENG), TYRRELL HATTON (ENG), JON RAHM (ESP), ROBERT MACINTYRE (SCO)

90%
SHANE LOWRY (IRL), JUSTIN ROSE (ENG), MATT FITZPATRICK (ENG)

80%
VIKTOR HOVLAND (NOR), LUDVIG ÅBERG (SWE), SEPP STRAKA (AUT), RASMUS HØJGAARD (DEN), SERGIO GARCÍA (ESP)

<15%
HARRY HALL (ENG), THOMAS DETRY (BEL), MATT WALLACE (ENG), AARON RAI (ENG)

Luke Donald

Seit Bernard Gallacher 1995 gab es niemanden, der in aufeinanderfolgenden Ryder Cups als Kapitän agierte. Nur Walter Hagen, Ben Hogan und Tony Jacklin konnten dabei zweimal in Folge die Trophäe in die Höhe recken. Dass Luke noch mal ran darf, liegt nicht nur daran, dass die LIV-Situation die Zahl potenzieller europäischer Kapitäne drastisch reduzierte. Donalds Art, in Rom zu führen, begeisterte alle Beteiligten. Hinzu kommt, dass er auch bei seinen vier Einsätzen als Spieler jedes Mal als Gewinner heimkehrte.

Ein Grund für diesen möglicherweise noch nie dagewesenen geringen Turn-over liegt in den neuen Qualifikationskriterien der Europäer. Die europäische Punkteliste, die einen Anreiz dafür gab, auf der DP World Tour zu spielen, wurde abgeschafft. Wie sehr dies die Spieler mit Karte für die PGA Tour bevorteilt, zeigen die noch verbleibenden Wochen. Bis zum Qualifikationsende nach dem British Masters werden bei drei Turnieren auf der DP World Tour insgesamt gerade mal 3.500 Punkte vergeben. Die zwei Play-off-Events auf der PGA Tour dagegen vergeben jeweils 3.000 Qualifikationspunkte. Für europazentrische Spieler wie Jordan Smith dürften die Hoffnungen auf Bethpage somit verbaut sein.

Klar ist, dass das europäische Team von Rory McIlroy angeführt wird, der rechnerisch bereits qualifiziert ist. Von LIV-Seiten werden sich Tyrrell Hatton direkt und Jon Rahm per Captain's Pick qualifizieren. Auch Tommy Fleetwood und Robert MacIntyre sollten nach der Open ihre Schäfchen im Trockenen haben. Um die letzten beiden der sechs festen Qualifikationsplätze kämpfen aktuell Shane Lowry, Justin Rose und Sepp Straka, wobei die drei eine etwas andere Ausgangslage haben. Während Rose als Schlachtross und Lowry als Spiritual Leader und Rorys bester Kumpel ihren Platz sicher haben dürften, wenn sie aus den Top 6 fallen, könnte Straka möglicherweise leer ausgehen. Mit drei verpassten Cuts in den Majors hat er in diesem Jahr nicht gerade seine Nervenstärke bei Groß-Events unter Beweis gestellt. Als gesetzt sollten eher die in den letzten Monaten wiedererstarkten Matt Fitzpatrick und Viktor Hovland gelten. Und dass Donald auf Hovlands kongenialen Doppelpartner Ludvig Åberg verzichtet, ist nur schwer vorstellbar.

Auf US-Seite endet die Qualifikationsphase am 17. August mit der BMW Championship, bei der ironischerweise Keegan Bradley Titelverteidiger ist. Der überraschend berufene US-Kapitän ist die große Wild Card in diesem Jahr, schließlich gibt es die durchaus realistische Chance, dass er als erster Spieler seit Arnold Palmer 1963 als Playing Captain antreten würde. Die Kapitäne haben das Regelwerk des Ryder Cup zumindest bereits so abgeändert, dass auch ein anderer als Bradley Kapitäns-Funktionen einnehmen dürfte. Doch die Frage ist, ob Bradley sich selbst als Joker nominieren möchte, da er höchstwahrscheinlich nicht zu den sechs automatisch qualifizierten Spielern gehören wird. Diese Liste wird natürlich angeführt von Scottie Scheffler, aber auch Xander Schauffele und J. J. Spaun sollten gesetzt sein. Bryson DeChambeau, der als LIV-Spieler auf der Zielgeraden vermutlich noch rausfallen wird, hat von Bradley bereits die Garantie auf einen Captain's Pick bekommen, und auch Justin Thomas, Harris English und Russell Henley können nach ihren Major-Leistungen ziemlich sicher die Koffer packen. Anders sieht es bei Collin Morikawa aus, der seit dem Masters mehr Caddies als Top-20-Ergebnisse hatte.

Ryder Cup 2025: Europa: Luke Donald (l.), USA: Keegan Bradley (r.)Ryder Cup 2025: Europa: Luke Donald (l.), USA: Keegan Bradley (r.)
Europa: Luke Donald (l.), USA: Keegan Bradley (r.)

USA

MÖGLICHE SPIELER

100%
SCOTTIE SCHEFFLER, XANDER SCHAUFFELE, BRYSON DECHAMBEAU, RUSSELL HENLEY, J. J. SPAUN, JUSTIN THOMAS

90%
HARRIS ENGLISH

75%
COLLIN MORIKAWA, BEN GRIFFIN, KEEGAN BRADLEY

50%
BRIAN HARMAN, SAM BURNS

30%
PATRICK CANTLAY, PATRICK REED, JORDAN SPIETH

>20%
MAVERICK MCNEALY, DUSTIN JOHNSON, WYNDHAM CLARK, CHRIS GOTTERUP, TONY FINAU

Keegan Bradley

Der 39-Jährige spielte lediglich bei zwei Ryder Cups, hinterließ dort aber seine Duftmarke. 2012 blieb er in drei Doppeleinsätzen mit Phil Mickelson ungeschlagen, 2014 wurde er aber am Samstag von Katastrophen-Kapitän Tom Watson auf die Bank gesetzt. Wie sehr er den Ryder Cup liebt, sah man in "Full Swing", als Zach Johnson lieber seine Buddies nominierte, als Bradley nach Rom mitzunehmen. Vielleicht wurde der PGA in diesem Moment klar, dass Bradley der richtige Mann für 2025 ist, eventuell auch als Spieler.

Doch was sind die Alternativen? So stark die Top 7 der Amerikaner sind, so schwach ist die zweite Hälfte, weshalb es umso realistischer scheint, dass Bradley sich selber nominieren muss. Patrick Reed gilt als toxisch, die Form von Jordan Spieth und Brian Harman ist wechselhaft, Ben Griffin und Maverick McNealy wären Rookies und Dustin Johnson hat selbst auf der LIV Tour nur ein Top-Five-Resultat eingefahren. Patrick "Show Me the Money" Cantlay scheint dagegen trotz des verpassten Cuts bei der Open eine Bank zu sein.

Für wen sich Keegan Bradley entscheidet, wird sicherlich auch damit zu tun haben, was in Bethpage Black genau von den Spielern gefordert wird. Setzen der US-Kapitän und seine Statistik-Gurus von Scouts Consulting darauf, die Europäer mit Länge zu überpowern, steigen die Chancen von Spielern wie Dustin Johnson; geht es ihnen eher darum, Finesse ums Grün in den Mittelpunkt zu stellen, könnte sich auf der Zielgeraden auch jemand wie Wyndham Clark ins Team spielen, sollte er seine Form von der Open in Portrush bestätigen. Erste Berichte aus New York deuten darauf hin, dass am Platz nicht allzu viel verändert worden ist. Die Fairways sollen in typischer US-Ryder- Cup-Manier breiter denn je gemäht worden sein und in den letzten Wochen wurde zum ersten Mal in der Geschichte von Bethpage ein First Cut entdeckt, dafür sollen neue Fairway-Bunker vor allen Dingen europäische Drives abfangen. Die größte Änderung am Platz hat allerdings keine spielstrategische Ursache, sondern eine stimmungstechnische. Am ersten Tee wurde 30 Meter links vom bisherigen Abschlag eine neue Teebox errichtet, die für einen neuen Winkel ins Fairway sorgt, aber vor allen Dingen eine Innovation bei den Zuschauerrängen ermöglicht.

Ryder Cup 2025:
Eine massive, mehr als 5.000 Zuschauer fassende Tribüne wird sich um das 18. Grün und den ersten Abschlag herumziehen und in den Worten von Turnierdirektor Bryan Karns "für eine bisher einzigartige Atmosphäre sorgen". Längst vergessen ist die Kontroverse um die exorbitanten Eintrittspreise: 750 US-Dollar wurden von der PGA für jeden der drei Turniertage aufgerufen (inklusive Essen und nicht alkoholische Getränke), dreimal so viel, wie die Europäer beim Ryder Cup in Rom verlangten. Nichtsdestotrotz registrierten sich mehr als eine halbe Million Menschen für die Chance, eines der 50.000 Tickets für jeden Tag zu erhalten und sich in dem fast 6.000 Quadratmeter großen Merchandise-Zelt mit Memorabilien einzudecken.

Die Hoffnung der Europäer, dass die hohen Eintrittspreise die lautstärksten Fans abschrecken könnten, scheint sich daher nicht zu bestätigen. Auch weil New York Schlimmeres gewohnt ist: Wer 2024 die World Series im Yankee Stadium sehen wollte, musste mehr als 2.000 Dollar hinblättern. Das Schöne für Luke Donalds Mannen ist aber, dass Brooks Koepka 2019 nicht nur eine Warnung für die Europäer, sondern auch gleich eine Lösung parat hatte, wie man mit den rabiaten New Yorker Zuschauern umgehen muss. "Die Zwischenrufe kamen genau zur rechten Zeit. Ich habe mir nur gedacht: ,Okay, alle sind gegen mich. Auf geht's!'"

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