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Australien – Teil 2

Die Melbourne Identität

Von Rüdiger Meyer

Doch nicht nur die Bedingungen machen jede Runde in Melbourne unvergesslich, es ist auch die Qualität der Golfarchitektur. 1926 reiste der spätere Augusta-National-Designer Alister MacKenzie nach Australien, um den West-Platz von Royal Melbourne zu gestalten - und ließ sich nebenbei von 19 weiteren australischen Clubs als Berater engagieren. Nahezu jeder Platz der Gegend ist von der Architektenlegende oder seinem australischen Protegé Alex Russell beeinflusst. Resultat sind Spielbahnen, die nicht nur alle Facetten des Spiels, sondern auch den Kopf fordern. Wer auf diesen Plätzen Erfolg haben will, muss sich basierend auf der Fahnenposition bereits am Abschlag eine Strategie zurechtlegen. Denn es reicht nicht einfach, den Drive so weit wie möglich ins Fairway zu prügeln, wenn man im Anschluss einen Winkel zum Grün hat, der es unmöglich macht, den Ball auf den harten, schnellen Grüns zum Landen zu bringen.

Australien:
Wer sich jetzt an Links-Golf erinnert fühlt, hat recht. Wer bei den von Bäumen umsäumten Fairways an Parkland-Golf denkt, hat auch recht. Das Besondere am Sandbelt ist, dass er die für viele unvereinbaren Golfstile zu einem unfassbar unterhaltsamen Mix zusammenfasst. Die harten Fairways sorgen dafür, dass man sich selbst im Seniorenalter auf dem Tee noch wie Rory McIlroy fühlen kann, und die strategisch klug platzierten Bunker führen dazu, dass selbst Single-Handicapper oft so gedemütigt werden, dass sie nach der Runde ihre Schläger verkaufen wollen.

Australien: Bilderrätsel für Erstklässler, heute: WolkenkratzerAustralien: Bilderrätsel für Erstklässler, heute: Wolkenkratzer
Bilderrätsel für Erstklässler, heute: Wolkenkratzer
Dass die wenigsten dies am Ende tun, kann ich auf all meinen Runden feststellen. Weil jeder der Clubs weit mehr als 1.000 Mitglieder hat und aufgrund von Greenfee-Partnerschaften günstige Gastspielmöglichkeiten bestehen, sind die Startzeiten in der Regel so ausgebucht, dass wie auf der PGA Tour gespielt wird. Jeweils morgens und nachmittags werden Vierergruppen vom ersten und zehnten Abschlag losgeschickt, bis der Platz komplett gefüllt ist. Die Beliebtheit schlägt sich auch im Geldbeutel von Gästen wieder. Da man Mitgliedern nicht erklären könnte, warum deutsche GolfPunks ihnen die umkämpften Tee-Times wegnehmen, werden die Greenfees für Besucher aus dem Ausland mehr in Richtung Schadensersatz ausgelegt: ab 200 Euro aufwärts.

Australien:
Doch es gibt zwei Möglichkeiten zu sparen. Die eine ist, auf die Mornington Peninsula zu fahren. Das südliche Naherholungsgebiet wird von Melbournern gerne für die drei Ws genutzt: Whalewatching, Weinproben und Wassersport. Aber auch Golfer kommen auf 19 Plätzen, viele davon mit Meerblick, voll auf ihre Kosten - meist zu deutlich günstigeren Preisen als im Sandbelt. Die zweite Sparmethode ist, sich mit seinen Mitspielern anzufreunden. Weil in Melbourne der Trend zur Zweitmitgliedschaft geht, besteht die Chance, von ihnen in ihren anderen Club eingeladen zu werden. Was eigentlich ein Grund der Freude ist, kann sich allerdings aus eigener Erfahrung auch als Bumerang erweisen: Auf dem Rückflug nach Hause über eine am Abreisetag aus Zeitgründen zwangsweise ausgeschlagene Einladung nach Royal Melbourne zu grübeln ist brutaler als 24 Stunden in der Holzklasse.

 

Golfplätze in der Region

Victoria Golf Club

Victoria Golf Club

18 Löcher, Par 72, 6.304 Meter

Adresse
Park Road, Cheltenham VIC 3192
Tel. +61 (0)3.9584.1733
www.victoriagolf.com.au

Greenfee
330 Euro (internationale Gäste)

Die ersten 23 Jahre wurde noch in der City Golf gespielt, doch 1926 zog der Club in den legendären Sandbelt von Melbourne um, wo der spätere Augusta-National-Architekt Alister MacKenzie dem Platz seinen Stempel aufdrückte. Die stilgebenden Grün- und Fairway-Bunker gingen zwischenzeitlich verloren, erstrahlen aber seit einer 1996 begonnenen Renovierung wieder in altem Glanz und brachten dadurch den strategischen Aspekt zurück ins Spiel. Die wie mit einer scharfen Schere aus den Grüns geschnittenen Bunker sind visuell eine Augenweide, aber für den Score ebenso tödlich wie die laut Locals schnellsten Grüns des Sandbelt.

Killerloch
Wer hier spielt, kann verstehen, dass die 13 für viele eine Unglückszahl ist. Das von den Backtees 392 Meter lange Par 4 ist nicht nur wegen seiner Länge ein richtiger Brecher. Wer auf Bogey spielt, kann den Drive entspannt ablegen, weil das Fairway mit der entgegenkommenden 12 verschmilzt. Wer allerdings mit dem zweiten Schlag angreifen will, muss den Drive in einem Flaschenhals positionieren und darf von dort den Approach nicht verziehen, da das Grün links und rechts von tückischen Bunkern geschützt ist.
www.victoriagolf.com.au

Sandy Golf Links

Sandy Golf Links

18 Löcher, Par 65, 4.875 Meter

Adresse
Cheltenham Road
Cheltenham VIC 3192
Tel. +61 (0)3.477.774.663
www.sandringham.golf

Greenfee
40 Euro

Den eher familiäreren Namen trägt der Platz erst seit 2019, als er umgemodelt und zum Herzstück von Australiens Golfsport wurde. Die PGA of Australia, der australische Golfverband und Golf Victoria haben hier ihren Sitz. Zuvor firmierte der Anfang der 1940er auf das heutige Grundstück umgezogene Platz als Sandringham Golf Club. Die Neuausrichtung ging mit einem Verlust von Land einher, was dazu führte, dass die 18 Löcher von Geoff Ogilvys Designfirma zu einem Par 65 mit nur zwei Tees verkürzt wurden, das durch die Grünbunker jedoch alles andere als simpel ist.

Killerloch
"Vern's Elbow" gehört mit 365 Metern bereits zu den längeren Par 4 des Kurses. Wer den Driver zückt, muss ein gewisses Risiko gehen und über das Dogleg spielen, denn geradeaus geht nach 180 Metern das Fairway aus. Nach geglücktem Drive wartet einer der schönsten Annäherungsschläge des Platzes, der auf ein von vier Bunkern geteiltes Doppelgrün in Form einer Acht führt. Findet man das falsche davon, zittert jeder Greenkeeper, denn ein Flop-Shot ist die einzige Möglichkeit, die korrekte Fahne zu erreichen.
www.sandringham.golf

Yarra Yarra Golf Club

Yarra Yarra Golf Club

18 Löcher, Par 72, 6.100 Meter

Adresse
567 Warrigal Rad,
Bentleigh East VIC 3165
Tel. +61 (0)3.9575.0575
www.yarrayarra.com.au

Greenfee
240 Euro (internationale Gäste)

Alle acht Eliteplätze aus dem Melbourne Sandbelt hatten ihre Ursprünge an einem anderen Ort. Der 1898 als Eaglemont gegründete Yarra Yarra sicherte sich 1928 als Letzter ein Stückchen des perfekten Golfterrains und beauftragte Alister Mac Kenzies australischen Vertrauten Alex Russell mit dem Design. Resultat waren zwei Neunlochschleifen mit den gleichen Qualitäten, aber etwas unterschiedlichem Charakter. Aufgrund des schuhförmigen Geländes sind die ersten neun Bahnen etwas gedrungen und enden mit zwei Par 5, die den Übergang auf das großzügigere Gelände markieren.

Killerloch
Dass ein 146 Meter kurzes Par 3 auf der Scorekarte mit Stroke Index 7 geführt wird, macht stutzig. Wenn man jedoch am Abschlag der 15 steht, versteht man warum, denn es ist besser verteidigt als Burg Eltz. Das erhöhte Grün sieht aus, als hätte das Krümelmonster eine Hungerattacke bekommen und einmal rundherum einen Bissen genommen. Und wenn man in einem der daraus resultierten tiefen Grünbunker landet, ist ein Par aufgrund der schnellen Grüns fast schon illusorisch.
www.yarrayarra.com.au

Yarra Yarra Golf Club

The Dunes Golf Links

18 Löcher, Par 72, 6.459 Meter,
9 Löcher, Par 33, 2.297 Meter

Adresse
335 Browns Road
Rye VIC 3941
Tel. +61 (0)3.5985.1334
thedunes.com.au

Greenfee
55 Euro (Mo.-Do.), 70 Euro (Fr.-So.)

Man hat es nicht oft, dass das schwerste Loch des Platzes gleich das erste ist, aber Architekt Tony Cashmore hat sich beim Dunes Course nicht an gängige Konventionen gehalten. Wie viele Plätze auf der Mornington Peninsula ist der Platz ein echter Links-Kurs, das heißt, der Wind und die Bunker sind die besten Verteidigungen. Während der Dunes-Kurs auch für niedrige Handicapper eine echte Herausforderung bietet, sind die neun Löcher des Cups-Kurses perfekt für Anfänger geeignet.

Killerloch
Dank einer Düne ist der Abschlag der 7 semiblind. Dass man dennoch das Risiko gehen und über die Düne spielen sollte, liegt an Tom Watson. Der spielte hier einst eine Proberunde und stellte fest, dass all seine Bälle dank des nach rechts kippenden Fairways an der gleichen Stelle landeten. "Hier muss ein Bunker hin", empfahl der achtfache Major-Champion, den der Autor dieser Zeilen Jahrzehnte später deshalb verfluchte.
www.thedunes.com.au

St. Andrews Beach

St. Andrews Beach

18 Löcher, Par 70, 6.074 Meter

Adresse
209 Sandy Road
Fingal VIC 3941
Tel. +61 (0)3.5988.6000
standrewsbeachgolf.com.au

Greenfee
65 Euro

Tom Doak, der König des minimalistischen Designs, musste auf diesem Platz kaum Erde bewegen. Die ondulierten Fairways wurden ihm mehr oder weniger von der Natur vorgegeben. Die Dünen haben zudem auch einen strategischen Zweck. Immer wieder gibt es Grüns, die teilweise von Sandhügeln verdeckt sind, wodurch einige Fahnenpositionen viel Vertrauen in das Birdiebook und die eigenen Fähigkeiten voraussetzen. Zudem lohnt es sich, mehr als eine Runde zu spielen, weil man merkt, dass die Grüns oft dabei helfen können, den Ball in die entlegenen Ecken zu befördern.

Killerloch
Es ist offenbar kein Zufall, dass die Bilder zu Loch 6 auf der Webseite Kängurus zeigen. Das von den Backtees 169 Meter lange Par 3 sieht erst mal nicht zu bedrohlich aus, aber wer kurz und rechts bleibt, muss aus einem mannshohen Bunker spielen. Und selbst wenn man das Grün trifft: Zu putten, während neben dem Grün ein mehr als zwei Meter großes Riesenkänguru wartet, gibt dem Ausdruck "Pressure Putt" eine ganz neue Bedeutung.
www.standrewsbeachgolf.com.au

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