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Keegan Bradley sorgte mit seinem Sieg bei der PGA Championship 2011 für einen der größten Erfolge

Cleveland

California Roll für Golfer

Von Jan Langenbein

Mit dem 588 hat Cleveland einst das Wedge erschaffen und auch im langen Spiel hatten die Kalifornier mit dem ersten 460-ccm-Driver auf dem Markt einen großen Aufschlag. Vorbei ist es mit der Innovationsbereitschaft noch lange nicht, auch wenn die Ausgangssituation seit diesen Hits eine komplett andere ist.

Betritt man die Firmenzentrale von Cleveland Golf in Huntington Beach zum ersten Mal, weht einem schnell dieser entspannte Vibe Südkaliforniens um die Nase. So selbstverständlich, wie es klingt, ist das nicht, denn eine Autostunde südlich in Carlsbad, wo vier der großen Golfmarken Tür an Tür residieren, ist das Leben aufgrund dieser Konkurrenzsituation nicht immer ganz so entspannt. Und dann wäre da noch die bewegte Firmengeschichte von Cleveland, die unter den mehr als 350 Angestellten eigentlich für etwas mehr Anspannung sorgen müsste. "Ach, weißt du", grinst PR-Chef Keith Patterson, während er uns die Besuchertour gibt, "unser letzter CEO hatte eine strikte ,Keine Arschlöcher!'-Regel. Die befolgen wir immer noch und stellen solche Leute einfach nicht ein. Darum ist Cleveland ein so angenehmer Ort zum Arbeiten."

Die Marke wurde 1979 ins Leben gerufen, als Roger Cleveland ein Unternehmen namens Cleveland Classics in seiner Garage gründete und nicht nur Golfschläger reparierte, sondern auch begann, Persimmonhölzer und Wedges selbst zu designen und zu produzieren. Schnell sprach sich auch in Profikreisen herum, dass Cleveland ein Händchen für diese Arbeit hatte, und die Popularität der Schläger aus Rogers Garage stieg schnell und steil. Das TC15-Persimmonholz fand schnell den Weg in viele Bags auf der Tour und das 1988 vorgestellte 588 Wedge ist bis heute die Blaupause für klassisches Wedge-Design. Völlig zu Recht ist das 588 bis heute im Sortiment von Cleveland und zählt zu den erfolgreichsten Schlägermodellen der Golfgeschichte.

1990 nahm die bereits erwähnte bewegte Firmengeschichte ihren Lauf, als der französische Skihersteller Rossignol das Unternehmen kaufte und den Namen in Cleveland Golf änderte. Mit dieser Eingliederung in einen großen Konzern verließ auch der Firmengründer, Namenspatron und Chefdesigner sein Baby. Der Weggang von Roger Cleveland und die Tatsache, dass, wie uns jede Menge "Simpsons"-Episoden gelehrt haben, die amerikanische und französische Kultur nicht unbedingt von großem gegenseitigen Respekt geprägt sind, ließ keine rosige Zukunft erwarten. Tatsächlich setzte die Zusammenarbeit mit den Skidesignern von Rossignol allerdings große kreative Energien frei. "Die neue Struktur hat uns viele neue Perspektiven ermöglicht, an das Produktdesign, aber auch die Vermarktung heranzugehen", erinnert sich Brand-Manager Adam Sheldon an diese Zeit der Aufbruchstimmung. "Es gab eine Menge ähnlicher Forschungsgebiete der beiden Entwicklungsabteilungen. So bedienten wir Golfer uns beispielsweise beim Wissen der Skikollegen, was die Vibrationsdämpfung anging." 1995 trug diese Zusammenarbeit dann Früchte, als die VAS-Hölzer und -Eisen vorgestellt wurden und mit einer frühen Form der Vibrationsdämpfungstechnik nicht nur die Welt der Amateurgolfer im Sturm eroberte. Mit Corey Pavin setzte sogar ein echter Superstar diese futuristisch anmutenden Schläger auf der Tour ein.

Cleveland: Entwicklerteams aus Japan und den USA gemeinsam an neuen Designs der HölzerCleveland: Entwicklerteams aus Japan und den USA gemeinsam an neuen Designs der Hölzer
Entwicklerteams aus Japan und den USA gemeinsam an neuen Designs der Hölzer

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ES GIBT DA DRAUSSEN IMMER NOCH GOLFER, DIE NICHT WISSEN, DASS ROGER BEREITS SEIT 26 JAHREN NICHT MEHR BEI UNS IST.
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Ende der 90er florierte die Marke nicht zuletzt wegen der damals heiß begehrten TourAction-Eisen und QuadPro-Hölzer sowohl bei den Amateurgolfern als auch auf der Tour. Das Team der von Cleveland gesponserten Tour-Spieler wuchs auf eine Größe, die keinen Zweifel mehr daran ließ, dass das Unternehmen sich zu einem der Big Player der Golfszene entwickelt hatte.

Im Zuge des mittlerweile gescheiterten Versuchs, auf dem Skimarkt Fuß zu fassen, kaufte 2005 die australische Surf-Marke Quiksilver Rossignol und damit auch Cleveland. Obwohl auch Quiksilver sein amerikanisches Hauptquartier in Huntigton Beach hat und die relaxte Surfer-Attitüde nach einem perfekten Match für Cleveland klang, behielt Quiksilver die Marke nur zwei Jahre, bevor sie 2007 an die Dunlop Sports Co. veräußert wurde. Doch auch während des kurzen Quiksilver-Intermezzos zeigten die Schlägerdesigner von Cleveland, dass sie immer noch an der Spitze der technologischen Entwicklung standen. Mit dem Launcher 460 hatte Cleveland noch unter Rossignol-Flagge als erster großer Hersteller einen Driver mit 460 Kubikzentimetern Schlägerkopfvolumen auf den Markt gebracht. 2006 folgte dann mit dem HiBore ein Driver, dessen ungewöhnliche Form jedem Golfer sofort ins Auge sprang. Der HiBore war jedoch kein optischer Scherz, sondern lieferte als erster mit Titaniumkopf einen Sweet-Spot, der in einer Linie mit dem Schwerpunkt des Schlägers lag. Dieser technische Kniff machte den HiBore zu einem der längsten und gleichzeitig fehlertolerantesten Driver seiner Ära.

Wie schon nach der Übernahme durch Rossignol wurden auch dieses Mal die Stärken beider Marken kombiniert. "Wir sind eine der wenigen Firmen, die eine Entwicklungsabteilung hier in den Vereinigten Staaten und eine Entwicklungsabteilung in Japan haben. Unsere Produktentwickler sind also faktisch 24 Stunden am Tag im Dienst", so laut Sheldon die Vorteile der aktuellen Situation. Nach Marken wird in den Entwicklungsabteilugen nicht getrennt. Beide Teams, die Amerikaner wie auch die Japaner, arbeiten an Cleveland, Srixon und XXIO gleichzeitig. Das riesige Testzentrum des Konzerns, wo die Haupttestarbeit an Prototypen und neuen Produkten stattfindet, liegt in Japan, außerhalb von Kobe, um genau zu sein.

Doch das ist laut Adam Sheldon nicht der einzige Vorteil: "Wir haben viel von unseren Kollegen in Japan gelernt, wenn es um die Platzierung einer Marke und das Produktsortiment geht. Mit drei so starken Marken unter einem Dach ist es nicht mehr nötig, drei vollständige Golfproduktpaletten im Angebot zu haben." Dass bei einer Zusammenführung verschiedener Marken einzelne Teile des Produktvielfalt gestrichen werden, liegt auf der Hand, auch wenn sich die Ausrichtung und die Zielgruppen stark unterscheiden.

Bei XXIO ist man ganz klar darauf bedacht das hochwertigste Equipment für Wochenendgolfer anzubieten. Die Einflusspyramide im Golfmarkt sieht so aus, dass viele Produkte für den Profibereich, also die kleine Spitze der Golferschaft, entwickelt werden. Einzelne Technologien landen dann nach ihrem Weg die Pyramide herunter irgendwann auch in den Produkten des Amateursegments, vergleichbar mit Technologien aus der Raumfahrt, die wenig später im Flugzeugbau und letztendlich im Toaster landen. Bei XXIO wurde diese Pyramide umgekehrt. Das Designteam bei XXIO schert sich nicht um Tour-Pros, sondern hat bei der Entwicklung der Schläger einzig und allein den Amateurspieler im Blick. Aus diesem Grund hat XXIO im Bereich des Leichtbaus einen großen Vorsprung gegenüber vielen anderen Marken. Wie auch bei Honma werden bei XXIO nicht nur Schlägerköpfe, sondern auch Schäfte und Griffe unter einem Dach produziert. Der Wochenendgolfer kann sich deshalb sicher sein, ein perfekt abgestimmtes Paket zu bekommen. In Japan hat dieses Konzept dazu geführt, dass XXIO mittlerweile die größte Marke auf dem dortigen Markt2 ist. Beachtlich, denn schließlich ist die Präsenz auf der Tour konzeptbedingt gleich null3.

Cleveland: Das TC15-Persimmon  war zu seiner Zeit ein Knüller auf der Tour
Das TC15-Persimmon war zu seiner Zeit ein Knüller auf der Tour
Durch die Zusammenführung der drei Marken findet bei Cleveland im Moment eine Neuausrichtung der Marke nach dem Motto "back to the roots" statt. "Unsere Wurzeln liegen im kurzen Spiel", erklärt Adam Sheldon "Seit 1979 sind wir einer der führenden Innovatoren auf dem Feld der Wedges, weshalb wir uns mit dieser Marke nun auf Wedges und Putter konzentrieren. Für alle Schläge aus 110 Metern oder weniger zur Fahne hat Cleveland den richtigen Schläger zu bieten." Von Cleveland wird es in Zukunft also Wedges und Putter geben, was den Ingenieuren ermöglicht, sich noch tiefer gehend mit dem kurzen Spiel zu befassen, als das ohnehin schon der Fall war. Ein erster Schritt in diese Richtung ist die Vorstellung des Wedge Analyzer. Dieses kleine Gadget kann an den Schaft jedes Wedges geclippt werden und bereits nach wenigen Schwüngen hat es genügend Daten gesammelt, um eine fundierte Aussage zu treffen, welche Bounce-Winkel mit welchen Sohlen-Grinds die optimale Wahl für den Spieler sind. Wedge-Fitting ist ein Bereich der Kaufberatung, der bei vielen Golfern bislang noch keine wichtige Rolle spielt. Das Rätselraten, welche Wedge-Konfiguration nun die optimale für das eigene Bag sei, hat mit dem Wedge Analyzer ein Ende.

Als dritte Marke des Trios hat Srixon auf Seiten der Golfschläger das volle Sortiment an tourerprobtem Equipment zu bieten. Die 7er-Serie zielt mit ihren Blades auf den Tour-Spieler ab, während die 5er-Serie vom Profi über den sportlichen Amateur bis hin zum ambitionierten Mid-Handicapper ein weites Feld abdeckt. Für den Game-Improvement-Bereich ist die 3er-Serie zuständig. In allen Srixon-Schlägern kommen Technologien zum Einsatz, die zusammen mit einigen der besten Spieler der Welt entwickelt wurden und nun dem Wochenendspieler helfen, das Spiel mehr zu genießen. Als Tochterfirma eines der weltgrößten Kunststoffverarbeiters verwundert es nicht, dass sich Srixon seit dem Sprung auf den Weltmarkt mittlerweile zum viertgrößten Golfunternehmen der Welt entwickelt hat und bereits seit 70 Jahren Golfbälle4 produziert. Aufgrund dieser neuen Struktur tragen seit Kurzem auch viele der Pros, die auf der Tour bisher das Cleveland-Logo auf der Kappe trugen wie Graeme McDowell oder Keagan Bradley, nun das Srixon-Logo an gleicher Stelle.

Als Keith uns nach einer ausgiebigen Tour im Foyer des Cleveland-Headquarters in Huntington Beach verabschiedet, möchte ich noch von ihm wissen, wie Roger Cleveland selbst die Entwicklung "seines" Unternehmens sieht. "Die Firma trägt immer noch seinen Namen, und immer wenn ich ihn sehe und wir die Zeit für ein Gespräch haben, merke ich, wie sehr er sich noch für sein mittlerweile erwachsenes Baby interessiert. Witzigerweise rufen hier ab und zu noch Kunden an und wollen mit ihm sprechen. Es gibt immer noch eine Menge Golfer da draußen, die nicht wissen, dass Roger bereits seit 26 Jahren nicht mehr bei uns ist."

Als ich einige Tage später während unserer letzten Golfrunde in Kalifornien vor dem Heimflug einen Srixon Z-Star aus dem Bunker mit dem 588 Wedge meines Leihschlägersatzes keine zehn Zentimeter vom Loch entfernt zum Halten bringe, wird mir klar, dass amerikanisch-japanische Zusammenarbeit auch erfolgreicher ablaufen kann als die zwischen Bill Murray und Suntory Whiskey. Was SRI und Cleveland in den letzten Jahren gelungen ist, ist die wahrscheinlich beste amerikanisch-japanische Koproduktion seit der California Roll.

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