60 Minuten später verlassen wir schwer bepackt und gleichzeitig das Hotel. Lars mit Rollkoffer hinter sich in Richtung Flughafen Málaga und Heimat, wir mit Golfbags und Kameraausrüstung bewaffnet in Richtung des dreimaligen Austragungsorts der Volvo World Match Play Championship. Beim letzten Aufeinandertreffen der europäischen Golfelite 2012 ging hier der Stern des damals noch recht unbekannten Nicolas Colsaerts auf und uns wird bereits auf der Driving Range klar, warum sich nicht nur der Longhitter Colsaerts, sondern auch der mit Long-Drive-Championship-Ambitionen ausgestattete Olympiasieger von 1996 hier pudelwohl fühlte. Von den Abschlagboxen, die wie eine Bühne vor der Clubhausterrasse liegen, verläuft dieses Übungsgelände steil wie eine Skipiste bergab. Gemessen daran, wie lange mein mittelmäßig getroffenes Eisen 6 hier in der Luft hängt, kann man sich in etwa ausmalen, wie lange die brachial getroffenen Drives der Herren Colsaerts und Riedel hier die spanische Brise schnuppern können. Wahrscheinlich lange genug, um ein Konto für Bonusmeilen zu eröffnen.
»WIR TRAUEN UNS AUF DEN ERSTEN SPIELBAHNEN NICHT WIRKLICH, DIVOTS AUS DIESEN MAKELLOSEN FAIRWAYS ZU SCHLAGEN.«
Vielleicht liegt es an der sich rar machenden Sonne, jedenfalls sehen wir während unserer gesamten 18 Löcher in Finca Cortesin keinen einzigen Golfer. Zusammen mit dem im Clubhaus erhaltenen, mit eingraviertem Namen versehenen Bagtag, den kostenlosen Titleist-Bällen auf der Range, dem Obst und den Getränken, die uns zweimal während der Runde aufs Fairway geliefert werden, und natürlich dem absolut tadellosen Zustand des Platzes kommt hier ein Flair von Milliardärsgolf auf, wie es sonst wahrscheinlich nur elitäre amerikanische Country Clubs erzeugen können, deren Tore uns auf Lebzeiten verschlossen bleiben werden. Die Grüns hier sind so treu, dass Sergio Garcias Vergleich mit Augusta National 2012 nicht mehr wie ein PR-Gag erscheint.
Lars müsste mittlerweile zu Hause angekommen sein, als wir uns glückselig und vollkommen sonnenbrandfrei nach einer grandiosen Runde Golf auf den Weg zurück ins Hotel machen. Den latenten Neid des Diskushünen vom Morgen verstehen wir jetzt und Fotograf Kike, der heute zum ersten Mal einen Golfplatz außerhalb Deutschlands betreten hat, denkt nun wohl, alle Plätze sähen so aus.
EINE SCHIPPE DRAUF
Es fällt mir am nächsten Tag nicht leicht, diesen Irrglauben zurechtzurücken, denn die freundliche Dame vom Golf Desk im Hotel, die sich mit großer Geduld und noch besseren Kontakten um alle golfbezogenen Wünsche der Gäste kümmert, hat es tatsächlich geschafft, uns die Tore von Valderrama zu öffnen. Bevor es jedoch so weit ist und wir uns auf den kurzen Weg zur wahrscheinlich definitiven Edelwiese auf dem europäischen Festland aufmachen, bleibt noch genügend Zeit für ein ausgiebiges Frühstück in der Altstadt von Marbella, wo der Jetset mittlerweile arg in die Jahre gekommen ist und sich der Sozialneid angesichts der unweigerlichen dicken Bäuche, Glatzen und tiefen Falten nun endgültig auf die italienischen, englischen und deutschen Nobelkarossen beschränkt. In Vorfreude auf das, was uns gleich bevorsteht, kann uns die Parade der Reichen (Schöne waren kaum auszumachen) kein bisschen beeindrucken und so steigen wir frisch gestärkt in unseren Leih-Renault und fahren gen Valderrama. Eine Handvoll Startzeiten, vorzugsweise in der gnadenlosen Mittagssonne, werden hier jeden Tag dem normalen Golfervolk zugänglich gemacht und das nimmt die Möglichkeit dankend an, einmal im Leben auf einem solchen Nobelplatz für schlappe 320 Euro Greenfee 18 Löcher schießen zu dürfen.
1974 schuf Robert Trent Jones senior hier ein Meisterwerk, das damals noch den Namen Las Aves trug. 1984 kaufte es der Argentinier Jamie Ortiz-Patiño und setzte mithilfe des Platzdesigners und einer eisernen Hand seine Vision vom besten Golf Club Europas oder wahrscheinlich sogar der ganzen Welt Stück für Stück um. Seinen Platz in den Golfgeschichtsbüchern hat sich diese Anlage längst gesichert, schließlich war der Ryder Cup 1997 nicht nur der erste, der auf dem europäischen Festland ausgetragen wurde, sondern zugleich der erste Auftritt eines gewissen Tiger Woods beim Clash der Kontinente. Mit Seve Ballesteros als Captain war klar - obwohl es am Ende denkbar knapp war -, dass Europa dieses Aufeinandertreffen nicht verlieren konnte, und auf dem Weg zu seiner ersten von jeder Menge Ryder-Cup-Niederlagen puttete Tiger Woods auf der diabolischen 17 vor mehr als 10.000 Zuschauern seinen Ball sogar ins Wasser, ein Kunststück, das ihm erst beim Masters 2005 wieder gelungen ist. Seinen Frieden mit Valderrama machte Tiger zwei Jahre später, als er bei der WGC American Express Championship an gleicher Stelle ganz für sich allein spielend Miguel Ángel Jiménez im ersten Play-off-Loch mit einem Birdie schlug.
WOHNEN
KEMPINSKI HOTEL BAHIANur ein paar hundert Meter von dem kleinen Küstenstädtchen Estepona entfernt lässt das "Kempinski Hotel Bahía" von außen die Herzen von "Star Wars"-Fans höher schlagen, schließlich erinnert die Architektur des Gebäudes stark an Bauten auf Tatooine. Die Zimmer mit uneingeschränktem Meerblick, das fantastische Frühstücksbuffet, das riesige Spa und der perfekte Service für Golfer holen dann auch Urlauber mit anderen cineastischen Vorlieben ins Boot. Zum Hotel gehört ein eigener Strand; wer sich jedoch lieber unters Volk mischt, wird wenige hundert Meter weiter im Beach Club fündig.
www.kempinski.com
Golfplätze in der Region
FINCA CORTESIN GOLF CLUB
18 Löcher, Par 72, 6.802 mAdresse
Ctra. de Casares
29690 Casares - Málaga
Tel. +34 952.93.78.83
www.fincacortesin.com
Greenfee
220 Euro (Hochsaison)
109 Euro (Vorsaison)
Als Cabell Robinson 2005 diesen Platz entwarf, sollte dieser nicht nur einer der besten Spaniens werden, sondern auch in puncto Umweltverträglichkeit neue Maßstäbe setzen. Deshalb wurden mehr als 50.000 Büsche und Bäume in die karge Berglandschaft oberhalb der Costa del Sol gepflanzt. Jede einzelne Spielbahn auf dieser noch recht neu anmutenden Anlage versprüht Championship-Golf-Aura, und egal wie gut das Handicap, das Bunkerspiel jedes Golfers wird gnadenlos getestet.
Killerloch
Auf Loch Nummer 15 ist Entscheidungsstärke am Tee gefragt. Es ist dir überlassen, wie weit nach links du auf das diagonal verlaufende Fairway anhältst. Der zweite Schlag wird zwar immer kürzer, je aggressiver du spielst, der Weg über zahlreiche mannstiefe Bunker jedoch auch immer weiter.
www.fincacortesin.com
CLUB DE GOLF VALDERRAMA
18 Löcher, Par 72, 6.392 mAdresse
Avda. de los Cortijos
Sotogrande
11310 Cadiz
Tel. +34 956.79.12.00
www.valderrama.com
Greenfee
320 Euro (Mo.-Fr.)
350 Euro (Sa.&So.)
Ein Ryder Cup, zwei WGC-Turniere, 16-mal Volvo Masters und zweimal Andalucía Masters - bei all den Profiturnieren, die auf diesem Platz bereits stattgefunden haben, gibt es kaum einen Helden des Spiels, der hier noch nicht sein Tee in den spanischen Boden gerammt hätte. Allein dieser Historie wegen sollte Valderrama auf der To-do-Liste jedes reisefreudigen Golfers stehen, grüner wird's nämlich ganz sicher nicht.
Killerloch
Natürlich spricht jeder, der Valderrama bereits bei einer Fernsehübertragung bestaunt hat, sofort über die 17, wer allerdings einmal einen Fuß auf diese Anlage gesetzt hat, wird sich garantiert in Loch Nummer 4 verlieben. Ebenfalls ein Par 5 ist diese Spielbahn nicht nur länger, sondern auch hübscher als der vorletzte Test.
www.valderrama.com
ATALAYA GOLF & COUNTRY CLUBNEW COURSE
18 Löcher, Par 71, 5.142 mAdresse
Carretera de Benahavís, km 0,7
29688 Estepona
Tel. +34 952.88.28.12
www.atalaya-golf.com
Greenfee
90 Euro (Hochsaison)
67 Euro (Zwischensaison)
56 Euro (Nebensaison)
Spürbar kürzer als der ältere Bruder ist der New Course im Atalaya Golf Club, dennoch alles andere als eine leichte Aufgabe. Schmale Fairways verlangen nach Präzision vom Tee und bei einigen Doglegs weiß man erst nach ein paar Runden hier wirklich sicher, wie weit man tatsächlich abkürzen kann. Spektakuläre Ausblicke aufs Mittelmeer und manchmal sogar bis nach Gibraltar machen diesen Platz zum Eyecatcher.
Killerloch
Wasser beim Abschlag und eine Ausgrenze beim Schlag ins Grün - auf Loch Nummer 2, einem 464 Meter langen Par 5, kommt so ziemlich alles zusammen, was dir die Scorekarte bereits zum Rundenauftakt versauen kann.
www.atalaya-golf.com
ATALAYA GOLF & COUNTRY CLUBOLD COURSE
18 Löcher, Par 72, 6.146 mAdresse
Carretera de Benahavís, km 0,7
29688 Estepona
Tel. +34 952.88.28.12
www.atalaya-golf.com
Greenfee
90 Euro (Hochsaison)
67 Euro (Zwischensaison)
56 Euro (Nebensaison)
Der Old Course im Atalaya Golf Club trägt seinen Namen zu Recht, denn dieser vom deutschen Golfmeister von 1925 entworfene Parkland-Platz ist einer der ältesten an der Costa del Sol. Recht breite Fairways verzeihen auch ein paar wildere Schüsse vom Tee, spätestens beim Schlag ins Grün ist allerdings Vorsicht geboten, denn subtile Höhenunterschiede vereinfachen die Schlägerwahl nicht wirklich.
Killerloch
Loch Nummer 5 ist so etwas wie die Essenz dieses Golfplatzes: ein von Bäumen gesäumtes Fairway, das keine Probleme erkennen lässt. Die zeigen sich aber auf der Scorekarte: 544 Meter von den Back Tees sind kein Pappenstiel und Wasser vor dem Grün macht die Sache nicht einfacher.
www.atalaya-golf.com