Am Sonntag fliegt Luke Donald mit seinem Team nach New York, um in Bethpage Black schon mal zu üben, wie man den Amerikanern erneut den Zahn zieht. Doch die Vorbereitung beginnt in dieser Woche bereits bei der BMW PGA Championship in Wentworth, wo elf der 12 Europäer am Start sind (nur Sepp Straka fehlt verständlicherweise, um mehr Zeit mit seiner jungen Familie zu verbringen). Wie sehr das Turnier als Ryder-Cup-Bootcamp funktioniert, zeigt sich auch darin, dass die Veranstalter Team Europa jeweils zu zweit in einen Flight gesteckt haben, um den Teambuilding-Aspekt zu erhöhen. Wir haben die Kontinental-Elf begleitet, ein aktuelles Formprotokoll erstellt und eine Best-Ball-Rechnung erstellt, bei der den Amerikanern hoffentlich Angst und Bange wird.
Ludvig Åberg
Der Schwede kam schwer ins Jahr, zeigte aber zuletzt ansteigende Form. Das setzte sich auch in der ersten Runde der BMW PGA Championship fort. Nachdem er am Auftaktloch vom Tee etwas zu aggressiv zu Werke ging und ein Bogey kassierte und an den folgenden zwei Löcher das Par aus dem Grünbunker retten musste, war Åberg nahezu fehlerfrei und notierte an den folgenden 15 Löchern sage und schreibe 9 Birdies und geht als geteilter Führender in den zweiten Tag. Dabei bot er grandiose Eisenschläge tot an den Stock, lochte auf dem Grün souverän aus den Mitteldistanzen und versenkte an der 17 sogar einen 15-Meter-Putt vom Vorgrün. Wenn Ludvig in dieser Form spielt, kann Scottie Scheffler schon mal wieder die Taschentücher herausholen.Matt Fitzpatrick
Wenn es einen von Luke Donalds Captain's Pick gab, der in den sozialen Medien kritisiert wurde, dann war es der von Matt Fitzpatrick. Ja, seine Ergebnisse im Ryder Cup ließen bisher gelinde gesagt Raum zu Verbesserungen, aber wer an Fitzpatricks Form zweifelt, leidet offenbar an Dyskalkulie. Bei seinen letzten acht Starts landete der 31-Jährige sechs Mal in den Top 10 und ist nach der ersten Runde auf bestem Weg, ein siebtes Top-Ergebnis drauf zu setzen. Mit 6 unter Par grüßt er vom vierten Platz, obwohl er sich auf der 18 ein Bogey leistete nachdem er aufgrund eines verzogenen Drives rückwärts spielen müsste.Wäre der Flight wirklich eine Generalprobe für den Ryder Cup gewesen, hätten Fitzpatrick und Åberg im Best Ball 13 unter Par gespielt.
Justin Rose
Der Engländer kam bei seiner Runde trotz eines Birdies an der 2 schwer in Gang, doch fast schon analog zu seiner Karriere erlebte er gegen Ende noch mal einen zweiten Frühling. Mit einer Birdie-Serie von der 15 bis zur 17 kam er zu einer bogeyfreien 67 und liegt in den Top 10. Dabei brauchte Rose nur 28 Putts und lochte insgesamt aus fast 25 Metern. Noch nicht ganz die Form auf den Grüns mit denen er die Amerikaner regelmäßig in den Wahnsinn treibt, aber auf bestem Wege dahin.Tommy Fleetwood
In der ersten Runde konnte Fleetwood nicht an seine Form von der PGA Tour anknüpfen. Dabei ließen ihn ausgerechnet seine Stärken im Stich. Der begnadete Eisenspieler traf "nur" 12 Greens in Regulation und der Putter, der ihn auf der PGA Tour zum 15. Platz in Strokes Gained Putting geführt hatte, blieb an diesem Tag eiskalt. Dass er am Ende seinen Schlag ins Grün der 18 im Wasser versenkte, passte zu dem gebrauchten Tag. Aber mehr ist es eben auch nicht. Tommys Fleetwood ist aktuell zu stabil als dass man sich Sorgen machen müsste.Rose und Fleetwood wären im Best Ball trotzdem auf anständige 7 unter Par gekommen.
Viktor Hovland
Lange Zeit kam Hovland nicht richtig vom Fleck. Zwar lag er nach drei Löchern bei -1 doch ein Bogey nach der Gewitterpause warf ihn kurzzeitig wieder zurück. Auf den Back 9 machte er dann das, was Profis am besten können: sich an den langen Löchern abarbeiten. Hovland spielte die drei Par 5 mit zwei Birdies und einem Eagle an der 18 in vier unter Par und liegt nach einer scheinbar ereignisarmen Runde in den Top 10 - und das obwohl vor dem Eagle nur ein längerer Putt viel. Wenn so schon eine gewöhnliche Runde aussieht, sollte Keegan Bradleys Team Angst und Bange werden.Rasmus Hojgaard
Der Däne spielte sich auf den letzten Drücker ins Team der Festqualifizierten und zu Beginn der Runde musste man sich als europäischer Fan schon ein wenig auf die Zunge beißen, um sich ein "Leider" zu verkneifen. Vom Tee war Rasmus vollkommen vogelwild, und verfehlte fünf der ersten sechs Fairways so weit, dass er an der 4 sogar einen Provisorischen spielen musste. Den brauchte er zwar nicht, das Doppelbogey konnte er dennoch nicht vermeiden. An der 15 kassierte er nach einem Drive ins Aus ein weiteres Doppelbogey, sodass man kurz überlegen musste, ob Luke in Bethpage nicht vielleicht doch lieber heimlich Zwillingsbruder Nicolai einsetzen sollte - nur um festzustellen, dass der noch einen Schlag schlechter lag. Doch mit viel Glück riss es Rasmus noch herum, bekam an der 17 nach einem weiteren verzogenen Drive einen Free Drop, den er zum Birdie nutzte und endete die Runde mit einem Ausrufezeichen: im Wasserhindernis stehend toppte er seinen Chip gegen die Fahne und feierte das Eagle.Auch Hofjaard und Hovland wären im Best Ball 13 bei 7 unter Par gelandet, weil beide das gleiche Loch in Eagle spielten.
Tyrrell Hatton
Wie schwer es ist, seine Leistung bei LIV Golf auf anderen Touren zu bestätigen, beweist immer wieder Joaquin Niemann, der mit einer Even Par Runde in Wentworth weit von seinen fünf LIV-Saisonsiegen entfernt ist. Einer der den Schalter immer nahtlos umlegen kann, ist Tyrrell Hatton. Der bei weitem bestplatzierte LIV-Golfer in der Weltrangliste startete mit einer 69 solide in die BMW Championship. Mit einem 25-Meter-Putt an der 7 brachte sich Hatton zum zweiten Mal in die roten Zahlen und verließ sie danach auch nicht mehr. Wenn er die kommenden Tage vom Tee etwas mehr Genauigkeit zurückgewinnt, kann er nicht nur um den Titel spielen, er dürfte Luke Donald damit auch das Vertrauen geben, ihn wie in Rom wenigstens vier Mal einzusetzen.Robert MacIntyre
Schaut man sich die Statistiken des Schotten auf der PGA Tour an, hat er im kurzen Spiel das größte Verbesserungspotenzial. Das zeigte er leider auch in der ersten Runde der BMW Championship. Zwei seiner drei Bogeys auf den Front 9 resultierten daraus, dass er das Up-and-Down aus dem Bunker nicht schaffte, wofür er zumindest einmal den Bunker mit einem bösen Blick strafte wie ihn sonst Ehepartner einander zuwerfen. Auf den Back 9 blieb zwar die Scorekarte ohne Blessuren, aber an der 17 schaffte er das Up-and-Down auch erst im zweiten Versuch, wobei er sich mit dem zweiten Schlag in eine unmögliche Lage gebracht hatte. Da trifft es sich gut, dass sein aus Rom gewohnter Viererpartner Justin Rose seine große Stärke beim Spiel ins Grün hat und MacIntyre selten in solche Situationen bringen dürfte.Auch die beiden Briten hätten das Wentworth Standard-Ergebnis von 7 unter Par im Best Ball erzielt.
Rory McIlroy
Nach seinem Sieg beim Heimspiel in Irland hätte man es Rory nicht verdenken können, wenn er es in seiner baldigen Heimat Wentworth etwas ruhiger angehen lässt. Doch weit gefehlt: Gleich mit einem Birdie an der 1 zeigte der Nordire, dass er sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen will und nach der Gewitterunterbrechung begann er gleich wieder mit einem Birdie. Dass es am Ende "nur" zu einer 69 reichte, ist vielleicht auch den äußeren Umständen zuzuschieben. McIlroys Gruppe wusste, dass es eng wird, vor der Dunkelheit fertig zu werden und beim Versuch, die Runde zu beenden und sich ein paar Stunden zusätzlichen Schlaf zu verschaffen, schlichen sich Flüchtigkeitsfehler ein. An der 17 wurde Rory vom Iren wieder mal zum Engländer und verschoss einen Elfmeter indem er das Birdie aus 1,5 Metern verschob und auf der 18 leistete er sich nach einem Strafschlag noch einen Drei-Putt aus unter drei Metern. Hoffentlich rauben ihm die drei liegen gelassenen Schläge nicht den hart erkämpften Extra-Schlaf.Shane Lowry
Elf Löcher lang schien der Nordire wie schon die letzten Wochen im Niemandsland rumzudümpeln. Ein Birdie auf der 4, ein unnötiges Bogey an der 10 und ansonsten nur Pars. Doch dann demonstrierte Lowry warum Luke Donald ihm einen Captain's Pick gab: Wenn es bei ihm läuft, dann kann er sich in einen richtigen Rausch spielen. Auf den letzten sieben Löchern spielte unser aktueller Titelheld fünf Birdies mit Up-and-Downs, tollem Eisenspiel und einem langsam heiß laufenden Putter bevor er an der 18 aus knapp 100 Metern das Eagle nur um Zentimeter verpasste.Jon Rahm
Auch wenn Rahm wieder LIV-Champion geworden ist, schien er bei seinem ersten "richtigen" Turnier seit der Open Championship ein wenig Rost angesetzt zu haben. Vier Bogeys auf den ersten elf Löchern bei nur einem Birdie, verursacht durch ungewohnte Schwächen beim Spiel ins Grün, sorgten bei Europas Fans für ein wenig Sorgenfalten. Doch mit vier Birdies auf den letzten sieben Löchern trat der Spanier doch noch mal aufs Gaspedal und spielte sich zurück in den Bereich unter Par - und das, obwohl er an der 18 einen Schlag ins Wasser verbuchen musste. Dass er dennoch das Par rettete, zeigt, dass es vermutlich nur Flugrost war und keine ernsthafte Probleme zu befürchten sind.Durch die Absage von Straka haben die Veranstalter der BMW PGA Championship ausnahmsweise einen Flight mit drei Ryder Cuppern zusammengestellt. Dies wären die drei theoretischen Best Ball Resultate gewesen:
- McIlroy / Lowry -9
- McIlroy / Rahm -6
- Rahm / Lowry -6